Landesrahmenvertrag nach § 131 SGB IX Nordrhein-Westfalen - barrierefrei

Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX für Menschen mit Behinderungen

Rahmenvertrag nach § 131 SGB IX Nordrhein-Westfalen zwischen
Landschaftsverband Rheinland,
Landschaftsverband Westfalen-Lippe,
Landkreistag Nordrhein-Westfalen,
Städtetag Nordrhein-Westfalen,
Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen
einerseits sowie

Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen

  • Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Mittelrhein e. V.,
  • Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Niederrhein e. V.,
  • Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Ostwestfalen-Lippe e. V.,
  • Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Westliches Westfalen e. V.,
  • Caritasverband für das Bistum Aachen e. V.,
  • Caritasverband für das Bistum Essen e. V.,
  • Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e. V., Caritasverband für die Diözese Münster e. V.,
  • Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e. V.,
  • Der Paritätische - Landesverband Nordrhein-Westfalen e. V.,
  • Diakonisches Werk Rheinland-Westfalen-Lippe e. V.,
  • Deutsches Rotes Kreuz - Landesverband Nordrhein e. V.,
  • Deutsches Rotes Kreuz - Landesverband Westfalen-Lippe e. V.,
  • Jüdische Gemeinden Landesverbände,

Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen Träger der Einrichtungen der Behindertenhilfe Nordrhein-Westfalen (LAGöT), bpa - Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. Landesgeschäftsstelle NRW, VDAB - Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e. V. Geschäftsstelle NRW, FABA e. V. – Freie Ambulante BeWo-Anbieter/innen, Fachverband Sucht e. V. andererseits.

A Allgemeiner Teil

A.1 Präambel und Vertragsgegenstand

A.1.1 Präambel

1. Im Mittelpunkt aller Bemühungen der Partner dieses Rahmenvertrags steht der leistungsberechtigte Mensch, der stets auch und zuvörderst Träger universeller und unteilbarer Menschenrechte ist.

2. Die Vertragsparteien verstehen die Leistungen zur Teilhabe für Menschen mit Behinderungen in dem zum 01.01.2020 im Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) neugefassten Eingliederungshilferecht daher ausdrücklich als Konkretisierung der Verpflichtungen aus der seit dem 26.03.2009 bundesgesetzlich uneingeschränkt geltenden UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Diese völkerrechtlichen Verpflichtungen sind in jedem Einzelfall – unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Frauen und Kindern mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder sowie Menschen mit seelischen Behinderungen oder von einer solchen Behinderung bedrohter Menschen – zu beachten.

3. Den Leistungsberechtigten ist eine individuelle Lebensführung zu ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht, und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft fördert. Die Leistungen zur Teilhabe umfassen dabei auch die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten. In Nordrhein-Westfalen wird auch Menschen mit sehr hohem Unterstützungsbedarf der Zugang zu den gesetzlichen Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben eröffnet (NRW-Weg).

4. Die Vertragsparteien können auf ihre Erfahrungen aus der Umsetzung der bisherigen Rahmenverträge nach § 79 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) zurückgreifen und führen die Ausgestaltung individueller Leistungen für Menschen mit Behinderungen konsequent personenzentriert weiter.

5. Der jeweils zuständige Träger der Eingliederungshilfe trägt gemäß § 95 SGB IX i. V. m. § 28 SGB IX als Träger der Eingliederungshilfe die Verantwortung für die Ausführung der Leistungen und stellt diese sicher. Die Leistungen sind nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit, insbesondere zu angemessenen Vergütungssätzen, auszuführen.

6. Im Rahmen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit wirken die Vertragsparteien weiterhin darauf hin, dass im Sinne des § 17 SGB I jeder leistungsberechtigte Mensch die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und schnell erhält, die zur Ausführung der Sozialleistungen erforderlichen Leistungsangebote rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen und der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach gestaltet wird.

7. Rehabilitationsdienste und -einrichtungen freigemeinnütziger, privat-gewerblicher oder öffentlicher Träger werden bei der Erbringung der Leistungen auf der Grundlage von Vereinbarungen nach § 125 SGB IX entsprechend ihrer Bedeutung für die Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen berücksichtigt und die Vielfalt der Träger gewahrt sowie deren Selbständigkeit, Selbstverständnis und Unabhängigkeit beachtet.

8. Die nach Landesrecht maßgeblichen Interessensvertretungen der Menschen mit Behinderungen haben an der Erarbeitung und Beschlussfassung dieses Rahmenvertrags mitgewirkt.

9. Die Vertragsparteien sind sich darin einig, ihren verantwortungsvollen Rollen und Aufgaben bei der Förderung und dem Schutz der Rechte und der Würde von Menschen mit Behinderungen auf der Grundlage dieses Rahmenvertrags für das Land Nordrhein-Westfalen nur gemeinsam gerecht werden zu können.

A.1.2 Vertragsgegenstand

1. Der Rahmenvertrag nach § 131 SGB IX nebst seinen Anlagen regelt die Rahmenbedingungen für den Abschluss von schriftlichen Vereinbarungen nach § 125 SGB IX und gilt für sämtliche Leistungen, die entsprechend der Bedarfsfeststellung auf Grundlage des Gesamtplanverfahrens beziehungsweise des Teilhabeplanverfahrens erbracht werden. Der Rahmenvertrag regelt, dass sich die Vereinbarungen nach § 125 SGB IX an dem Auftrag, den Zielen und den Grundsätzen der Eingliederungshilfe ausrichten. Die Anlagen sind Bestandteile des Rahmenvertrages.

2. Leistungserbringer im Sinne dieses Rahmenvertrags ist, wer über eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung verfügt und die durch den Träger der Eingliederungshilfe bewilligte Leistung gegenüber dem Leistungsberechtigten erbringt.

3. Im Rahmenvertrag werden ausschließlich die Vertragsbeziehungen zwischen den Trägern der Eingliederungshilfe und den Leistungserbringern geregelt. Die Vertragsparteien sind sich einig, dass auch über die Vorschrift des § 131 SGB IX hinaus Verabredungen im Rahmenvertrag getroffen werden können, wobei dies nur für Bereiche gilt, die nicht unmittelbar Auswirkungen auf die unverfügbaren Rechte der Leistungsberechtigten und der Leistungserbringer haben.

4. Die Bestimmungen des Allgemeinen Teils gelten vorbehaltlich hiervon abweichender Bestimmungen des Besonderen Teils.

A.1.3 Sachleistungen in subsidiärer Aufgabenwahrnehmung

1. Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass die den Leistungsberechtigten als Sachleistung zu erbringenden Leistungen der Träger der Eingliederungshilfe im sozialrechtlichen Leistungsdreieck angesiedelt sind, wenn sie in subsidiärer Aufgabenwahrnehmung von Leistungserbringern ausgeführt werden.

2. Die Vereinbarungspartner gehen davon aus, dass Sachleistungen dem Vereinbarungsprinzip nach § 123 SGB IX unterliegen und für sie derzeit Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen sind (vgl. Bundestags-Drucksache 18/9522 – S. 290).

3. Die Träger der Eingliederungshilfe wirken auf flächendeckende, bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungserbringern hin (§ 95 SGB IX). Bei der Planung und Ausgestaltung sind die Organisationen und Verbände der Menschen mit Behinderungen sowie die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege und Organisationen, die im Bereich der Leistungen und Dienste für Menschen mit Behinderung tätig sind, aktiv einzubeziehen. Die Träger der Eingliederungshilfe werden hierbei vom Land NRW unterstützt (§ 94 Abs. 3 SGB IX).

A.1.4 Leistungen im Sozialraum

Die Leistungen der Eingliederungshilfe beziehen sich als personenzentrierte Teilhabeleistungen grundsätzlich auf die leistungsberechtigte Person in ihrer engeren Lebenswelt (Gemeinschaft) und ihrer weiteren Umgebung (Sozialraum/ Gesellschaft) (vgl. §§ 1, 4, 76, 104 Abs. 1, 113 SGB IX). Der Begriff des Sozialraums wird im Glossar (Anlage J) erläutert.

A.2 Abschluss von Vereinbarungen

A.2.1 Leistungsgrundsätze

1. Die vereinbarten Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

2. Dem Umfang nach ausreichend sind die Leistungen dann, wenn der leistungsrechtlich anzuerkennende Bedarf jeder leistungsberechtigten Person in der Maßnahme vollständig gedeckt werden kann.

3. Zweckmäßig sind Leistungen dann, wenn sie geeignet sind, die für die Leistungen konkretisierten Aufgaben und Ziele im Rahmen der Eingliederungshilfe zu erfüllen. Dabei ist der Stand der wissenschaftlichen und fachlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen.

4. Notwendig sind Leistungen dann, wenn ohne sie bzw. ohne qualitativ oder quantitativ vergleichbare Leistungen die Aufgaben und Ziele der Leistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe nicht erfüllt werden können.

5. Wirtschaftlich sind die Leistungen, wenn sie sie im vereinbarten Umfang und in der vereinbarten Qualität mit der vereinbarten Vergütung erbracht werden können und damit dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit gerecht werden.

A.2.2 Festlegung von Personalrichtwerten oder andere Methoden zur Festlegung der personellen Ausstattung

1. Der Umfang der personellen Ausstattung von Einrichtungen und Diensten ergibt sich in den einzelnen Leistungsbereichen aus dem Besonderen Teil durch eine oder auch additiv mehrere der folgenden Varianten:

  • a) im Rahmen der Teilhabe- bzw. Gesamtplanung als Bedarf festgestellte und im Anschluss bewilligte Zeitumfänge von Leistungen
  • b) festgelegte Personalschlüssel im Verhältnis Vollzeitkraft/Anzahl der Leistungsberechtigten
  • c) kontextbezogen in den Leistungsvereinbarungen definierte und vereinbarte Personalmengen
  • d) per Aufschlagskalkulation bestimmte Pauschalen für Personal (z.B. für Leitung und Verwaltung)

2. Näheres ist in den jeweiligen Rahmenleistungsbeschreibungen geregelt. Zu regeln sind dabei insbesondere die

  • Inhalte der zeitbasierten Leistungseinheiten (einschließlich oder ausschließlich mittelbarer bzw. indirekter Leistungen) sowie die Anzahl der jährlich erbring und abrechnungsfähigen Betreuungsstunden,
  • per Personalschlüssel abzubildenden Bereiche sowie die Festlegung der zu berücksichtigenden Anzahl der Leistungsberechtigten,
  • Abgrenzung und Wechselwirkung zu den über die Varianten a und b ( Absatz 1) hergeleiteten Personalmengen,
  • per Aufschlagskalkulation abzubildenden Bereiche sowie die Basis und Höhe der Aufschläge.

In den Varianten a bis c (Absatz 1) sind in den einzelnen Rahmenleistungsbeschreibungen jeweils die geeigneten Berufsgruppen und ggf. Quoten für Fachkräfte und Nicht-Fachkräfte anzugeben.

3. Sollte ein allgemein anerkanntes und wissenschaftlich fundiertes Personalbemessungssystem für bestimmte Leistungen entwickelt werden, nehmen die Vertragsparteien unverzüglich Verhandlungen mit dem Ziel auf, den Rahmenvertrag ggf. anzupassen.

A.2.3 Voraussetzungen und Verfahren zum Abschluss von Vereinbarungen

1. Zur Verhandlung über den Abschluss einer Vereinbarung hat der potentielle Leistungserbringer den zuständigen Träger der Eingliederungshilfe schriftlich unter Verwendung eines/r einheitlichen, zwischen den Vertragsparteien abgestimmten Formulars inkl. Checkliste und/oder eines Kalkulationsmusters aufzufordern.

2. Der Träger der Eingliederungshilfe prüft die Unterlagen zunächst auf Vollständigkeit und bestätigt deren Eingang. Sind die Unterlagen unvollständig, fordert der Träger der Eingliederungshilfe den potentiellen Leistungserbringer zur Vervollständigung der Unterlagen auf.

3. Die Frist des § 126 Abs. 2 Satz 1 SGB IX beginnt mit Vorliegen des jeweils ersten Teils der Unterlagen nach der Checkliste für den Abschluss einer Leistungsvereinbarung und/oder der Checkliste für den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung (Anlage C).

4. In das Verfahren kann der Leistungserbringer eine Vertretung seines Spitzenverbandes oder eine sonstige beauftragte Person einbeziehen.

5. Das Ergebnis der Vereinbarung ist gemäß § 123 Abs. 2 Satz 4 SGB IX den leistungsberechtigten Personen durch den Leistungserbringer in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

A.3 Leistungsvereinbarungen

A.3.1 Erstmaliger Abschluss von Leistungsvereinbarungen

Für den erstmaligen Abschluss einer Leistungsvereinbarung hat der Leistungserbringer sein Leistungsangebot unter Bezugnahme auf die hierfür vorgesehene Rahmenleistungsbeschreibung in einem Fachkonzept darzustellen.

A.3.2 Änderung/ Ergänzung bestehender Leistungsvereinbarungen

1. Beabsichtigt der Leistungserbringer und/oder der Träger der Eingliederungshilfe die Änderung einer bestehenden Leistungsvereinbarung, gilt die Ziffer A:2.3 entsprechend, soweit dies für die Entscheidung des Trägers der Eingliederungshilfe über das Änderungsverlangen erforderlich ist. Die Verhandlungsaufforderung legt dar, in welchen Punkten die bestehende Leistungsvereinbarung geändert werden soll.

2. Die Frist des § 126 Abs. 2 Satz 1 SGB IX beginnt mit Vorliegen der Verhandlungsaufforderung und – soweit erforderlich - Vorlage des ersten Teils der Unterlagen nach der Checkliste für den Abschluss einer Leistungsvereinbarung.

A.3.3 Personenkreis

1. Zu den leistungsberechtigten Personen gehören Menschen mit

  • a. körperlichen Beeinträchtigungen,
  • b. seelischen Beeinträchtigungen,
  • c. geistigen Beeinträchtigungen oder
  • d. Sinnesbeeinträchtigungen,

die in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate gehindert oder hiervon bedroht sind (§ 2 Abs. 1 SGB IX). § 99 SGB IX ist in der jeweils geltenden Fassung zu beachten. Leistungsberechtigt sind alle Personen der o.g. Teilgruppen a - d sowie Personen mit Kombinationen von Beeinträchtigungen aus den Teilgruppen a - d.

2. Die Leistungsvereinbarungen nach § 125 SGB IX können sich auch auf Teilgruppen des Personenkreises nach Absatz 1 Satz 1 beziehen.

A.3.4 Inhalt der Leistungsvereinbarungen

1. In der Leistungsvereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer werden gemäß § 125 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen der Eingliederungshilfe nach den in diesem Rahmenvertrag vereinbarten Kriterien geregelt.

2. Die Leistung wird auf der Grundlage der Bestimmungen des Besonderen Teils und der jeweiligen Rahmenleistungsbeschreibung (Anlage A) mit den wesentlichen Leistungsmerkmalen nach § 125 Abs. 2 SGB IX vereinbart. Die Leistungsvereinbarung umfasst Angaben zu folgenden Punkten:

  • Leistungsbezeichnung
  • Rechtsgrundlage
  • Ziel der Leistung
  • Personenkreis
  • Art und Inhalt der Leistung
  • Umfang der Leistung
  • Qualität und Wirksamkeit
  • Personelle Ausstattung/ Personalqualifikation
  • Sächliche Ausstattung
  • Betriebsnotwendige Anlagen des Leistungserbringers
  • Dokumentation und Nachweise

Nähere Erläuterungen erfolgen in der Anlage A.1. Die Rahmenleistungsbeschreibungen sind verbindliche Grundlagen für die abzuschließenden Leistungsvereinbarungen.

3. Bestandteil der Leistungsvereinbarung ist ein Fachkonzept des Leistungserbringers.

4. Im Bereich Soziale Teilhabe ist abweichend von Absatz 3 ein Extrakt des Fachkonzepts des Leistungserbringers Bestandteil der Leistungsvereinbarung. Das Extrakt ist zwischen dem Leistungserbringer und dem Träger der Eingliederungshilfe zu vereinbaren. Das Fachkonzept des Leistungserbringers stellt die Verhandlungsgrundlage für das Extrakt dar.

5. Die Voraussetzungen und Bedingungen der gemeinsamen Inanspruchnahme nach § 116 Abs. 2 SGB IX regelt die Rahmenleistungsbeschreibung.

A.4 Vergütungsvereinbarungen

A.4.1 Vergütungsgrundsätze

1. Mit der Vergütungsvereinbarung wird unter Berücksichtigung der in den Rahmenleistungsbeschreibungen festgelegten wesentlichen Leistungsmerkmale eine Leistungsvergütung vereinbart. Hierbei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit zu beachten.

2. Die Vergütung darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie ist prospektiv für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen und zu befristen. Sie gilt solange fort bis eine neue Vergütungsvereinbarung geschlossen wurde.

A.4.2 Voraussetzungen und Verfahren zum Abschluss von Vergütungsvereinbarungen

1. Zusammen mit den unter Ziffer A.2.3 und A.3 genannten Unterlagen zum Abschluss einer Leistungsvereinbarung kann der Leistungserbringer seine Vergütungsforderung zu dem jeweiligen Leistungsangebot vorlegen.

2. Die Höhe der Vergütung nach § 125 Absatz 3 SGB IX wird auf der Grundlage der Anlage B bestimmt. Sofern landeseinheitliche Vergütungssätze vereinbart sind, werden diese zugrunde gelegt. Der Anspruch des einzelnen Leistungserbringers auf freie Verhandlung und Vereinbarung der Vergütung wird hierdurch nicht eingeschränkt.

A.4.3 Änderung bestehender Vergütungsvereinbarungen

1. Die Änderung einer bestehenden Vergütungsvereinbarung kann entweder durch eine pauschale Regelung insbesondere aufgrund von tariflichen Steigerungen für alle Leistungserbringer oder durch eine Einzelverhandlung erfolgen.

2. Einzelverhandlungen können - von beiden Seiten - auf Verlangen durchgeführt werden. Grundlage für eine Einzelverhandlung ist eine prospektive Kalkulation der Kosten für den zu verhandelnden Zeitraum (i.d.R. 1 Jahr).

A.4.4 Leistungsgerechte Vergütung

1. Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Eingliederungshilfe gemäß § 123 Abs. 6, 127 Abs. 1 Satz 2 SGB IX einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber der leistungsberechtigten Person bewilligten und erbrachten Leistungen der Eingliederungshilfe in der vereinbarten Höhe.

2. Die Vergütungen sind im Einklang mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit so zu kalkulieren, dass sie dem Leistungserbringer eine eigenständige Erfüllung des Auftrags (einschließlich Innovationen und damit verbundener Investitionen) ermöglichen und auch die damit verbundenen Risiken abdecken (Grundsatz der Leistungsfähigkeit). Die Vergütung darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

3. Bei der Kalkulation der Vergütung sind Aufwendungen für die Umsetzung von Auflagen öffentlicher Stellen (z.B. WTG-Behörden) im Personal- und Sachkostenbereich sowie hinsichtlich der betriebsnotwendigen Anlagen zu berücksichtigen.

A.4.5 Zusammensetzung der Leistungspauschalen

1. Die Vergütungsvereinbarung regelt Art und Höhe der Leistungspauschale gemäß § 125 SGB IX. Leistungspauschalen können vereinbart werden nach Stunden-, Tages- oder Monatssätzen, nach der gemeinsamen Inanspruchnahme von Leistungen gemäß § 116 Abs. 2 SGB IX im Sinne einer Basispauschale und/oder nach Gruppen von Leistungsberechtigten mit vergleichbarem Bedarf. Verschiedene Arten von Leistungspauschalen können miteinander kombiniert werden.

2. Die Vergütungsvereinbarung beinhaltet die bei der Kalkulation zu berücksichtigenden Kostenarten und -bestandteile. Dazu zählen insbesondere

  • die Personal und Sachkosten,
  • der Aufwand für Leitung und Allgemeine Verwaltung,
  • der Investitionsbetrag, hierunter fallen Kosten für betriebsnotwendige Anlagen im Eigentum oder zur Miete, sowie die dazugehörenden Betriebskosten,
  • eine vereinbarte Kapazität,
  • eine vereinbarte Auslastung

sowie weitere vergütungsrelevante Rahmenbedingungen entsprechend der jeweiligen Leistungsvereinbarung, insbesondere Kosten nach § 42a Abs. 6 SGB XII.

A.4.6 Kalkulationsgrundlagen

1. Die in den Rahmenleistungsbeschreibungen (Anlage A) beschriebenen Leistungen der Leistungserbringer können entweder durch eine pauschale oder/und zeitbasierte Vergütung refinanziert werden (vgl. § 125 Abs. 3 SGB IX).

2. Die Empfehlungen der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt-Berichte) zur Normalarbeitszeit in der jeweils gültigen Fassung werden anerkannt. Danach beträgt die Normalarbeitszeit derzeit, ausgehend von einer 39-Stunden-Woche, 1.584 Stunden pro Jahr.

3. Die KGSt-Empfehlungen zu den Kosten eines Arbeitsplatzes gelten neben anderen Personalrichtwerten oder anderen Methoden zur Feststellung der personellen Ausstattung als Orientierung.

4. Auch in Fällen einer Mischung aus Pauschalen und zeitbasierter Vergütung ist sicherzustellen, dass alle betriebsnotwendigen Aufwen­dungen eines Dienstes berücksichtigt und somit refinanziert werden.

5. Landeseinheitliche Vergütungen sind für einzelne Leistungsbereiche möglich, bedürfen aber einer Kalkulationsgrundlage. Eine gemeinsame Empfehlung der Vertragsparteien für eine anbieterindividuelle oder landeseinheitliche Vergütung wird in den jeweiligen Rahmenleistungsbeschreibungen gegeben. Im Falle einer landeseinheitlichen Vergütung erfolgt eine Differenzierung nach Tarifwerken. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen können nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden (§ 124 Abs. 1 Satz 6 i.V.m. § 38 Abs. 2 Satz 1 SGB IX und Ziffer 4.3 der „Eckpunkte für Empfehlungen zu Rahmenverträgen zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 131 Abs. SGB IX“, Positionspapier der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW) und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (BAGüS) vom 18.04.2018. Das Recht auf Einzelverhandlungen für jeden (potenziellen) Leistungserbringer und jeden Träger der Eingliederungshilfe bleibt unberührt.

6. Näheres regeln die jeweiligen Rahmenleistungsbeschreibungen.

A.4.6.1 Personalaufwand

1. Der Personalaufwand umfasst den gesamten zur Erbringung der vereinbarten Leistung notwendigen Aufwand, der dem Leistungserbringer durch die Beschäftigung des für die Erbringung der Leistung einzusetzenden Personals entsteht.

Der Personalaufwand setzt sich insbesondere zusammen aus

  • Brutto-Lohn- und Gehaltsaufwendungen nebst Zulagen und Zuschlägen, Sonderzahlungen und sonstigen Leistungen in Geld oder Geldwert sowie
  • Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung und
  • Aufwendungen für betriebliche Alters oder Zusatzversorgungseinrichtungen oder sonstige Sozialleistungen,

soweit sie mit dem einzusetzenden Personal vereinbart sind.

2. Der Personalaufwand umfasst darüber hinaus auch die sog. Personalnebenkosten, hierbei insbesondere

  • Aufwand für angemessene Fort und Weiterbildung sowie Supervision,
  • Aufwendungen für gesetzlich vorgeschriebene Beauftragte einschließlich der Kosten für deren vollständige oder teilweise Freistellung (wie z.B. Betriebsräte, Mitarbeitervertretungen, Schwerbehindertenvertretung, Gleichstellungsbeauftragte, Datenschutzbeauftragte, Hygienebeauftragte),
  • Berufsgenossenschaftsbeiträge sowie andere gesetzliche Umlagen und Beiträge,
  • Aufwendungen zur Arbeitssicherheit (insbesondere Brandschutz, Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz),

soweit sie nicht bereits an anderer Stelle berücksichtigt sind.

3. Der notwendige Aufwand für Leitung und Allgemeine Verwaltung umfasst den Personalaufwand insbesondere für folgende Funktionen:

  • a. Rechnungswesen und Controlling
  • b. Personalverwaltung
  • c. Qualitätsmanagement
  • d. IT, Datenschutz und Digitalisierung
  • e. Objektbetreuung (soweit nicht der Miete zuzurechnen)
  • f. Geschäftsführung, Abteilungsleitung, Bereichsleitung, Einrichtungsleitung

4. Die personelle Ausstattung und die Qualifikation des Personals richten sich nach dem Bedarf der Leistungsberechtigten, den in den Rahmenleistungsbeschreibungen fixierten Personalanforderungen und den Erfordernissen der Leistungen nach dem abgestimmten Fachkonzept1) des Leistungserbringers sowie den gesetzlichen Vorgaben (z.B. WVO, WTG).

1) für den Bereich der Sozialen Teilhabe nach dem Extrakt (s. A.3.4 Abs. 4)

5. Für die notwendigen Leistungen von Fachdiensten sowie Hauswirtschaft und -technik ist geeignetes Personal in erforderlichem Umfang zu beschäftigen und in der Vergütung zu berücksichtigen, soweit die Einrichtung die Leistungen selbst erbringt.

6. Die Finanzierung von Maßnahmen zur Qualitäts- und Wirksamkeitssicherung ist als notwendige Aufwandsposition im erforderlichen Umfang bei der Ermittlung der Vergütung zu berücksichtigen.

A.4.6.2 Sachaufwand

1. Der Sachaufwand ist der gesamte zur Erbringung der vereinbarten Leistung erforderliche räumliche und sächliche Aufwand. Art und Inhalt sind in der jeweiligen Leistungsvereinbarung festzulegen.

2. Die Fortschreibungen des Sachaufwandes im Rahmen einer pauschalen Fortschreibung der Vergütung erfolgt auf der Grundlage eines gemeinsam festzulegenden Preisindex.

A.5 Aufnahme in das Leistungsangebot sowie Beginn und Ende der Leistungen

1. Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen. Sie schließen hierzu Vereinbarungen nach § 125 SGB IX mit den Leistungserbringern. Diese sind, soweit sie kein anderer Leistungsanbieter im Sinne des § 60 SGB IX sind, verpflichtet, im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebots Leistungsberechtigte aufzunehmen und Leistungen der Eingliederungshilfe unter Beachtung der Inhalte des Gesamtplans nach § 121 SGB IX zu erbringen. Beginn und Ende der Leistungen richten sich nach den gesetzlichen Bestimmungen.

2. Die Aufnahmepflicht nach Absatz 1 besteht im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebots erst und nur, soweit der Träger der Eingliederungshilfe die Leistung bewilligt oder vorläufig bewilligt hat. Die Regelungen zum Eilfall nach § 120 Abs. 4 SGB IX sind zu berücksichtigen.

3. Das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten nach § 104 Abs. 2 und 3 SGB IX wird durch die Regelungen nach Absatz 1 und 2 nicht berührt.

A.6 Leistungsabrechnung und Abrechnungsprüfung

A.6.1 Leistungsabrechnung

Über die Grundsätze der Abrechnung und der Abrechnungsverfahren werden zwischen den Vertragsparteien einvernehmliche Vereinbarungen geschlossen. Näheres regelt die Gemeinsame Kommission (Ziffer A.9).

A.6.2 Abrechnungsprüfung

A.6.2.1 Grundsätze

1. Prüfgegenstand ist die Abrechnung der erbrachten Leistungen durch den Leistungserbringer. Es wird geprüft, ob die erbrachten Leistungen und die für die Leistungen vorgenommene Abrechnung durch die Leistungserbringer auf der Basis des SGB IX und nach Maßgabe der individuellen Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen sowie der Bestimmungen des Rahmenvertrages durchgeführt wurden.

2. Die Prüfungen bilden eine Einheit aus Prüfung, Beratung und Empfehlung von Maßnahmen. Sie erfolgen unabhängig davon, wer Träger des jeweiligen zu prüfenden Leistungserbringers ist.

A.6.2.2 Durchführung der Prüfung

1. Die Abrechnungsprüfung erfolgt als Stichprobenprüfung, die bei Bedarf vor Ort stattfindet und unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des jeweiligen Leistungsangebotes erfolgt. Die Prüfung kann sich auf einen Zeitraum beziehen, der zum Zeitpunkt der Prüfungsmitteilung höchstens 5 Kalenderjahre zurückliegt. Die Prüfung umfasst einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten und beinhaltet die ggf. vereinbarte Quittierung und bei Bedarf auch die individuelle Dokumentation je Leistung.

2. In der Regel teilt der Träger der Eingliederungshilfe dem Leistungserbringer vor Beginn der Prüfung schriftlich mit, dass und für welchen Zeitraum eine Prüfung durchgeführt wird und welche Belege vorzulegen sind. Handelt es sich um eine Prüfung aufgrund einer Beschwerde, ist der Leistungserbringer hierauf hinzuweisen.

3. Ergeben sich während der Prüfung Unklarheiten bezüglich des Abrechnungsverhaltens, ist der Träger der Eingliederungshilfe berechtigt, zusätzlich die für die Abrechnung erforderlichen Teile der individuellen Betreuungsdokumentationen anzufordern.

4. Sollte während einer Prüfung eine Erweiterung des Prüfgegenstandes erforderlich sein (z.B. die Erweiterung des Prüfzeitraums oder eine anlassbezogene Erweiterung), teilt der Träger der Eingliederungshilfe dies dem Leistungserbringer schriftlich mit und fordert diesen auf, die die Erweiterung betreffenden Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

A.6.2.3 Ergebnis der Prüfung

1. Der Träger der Eingliederungshilfe teilt dem Leistungserbringer das vorläufige Ergebnis der Prüfung innerhalb von vier Wochen schriftlich mit.

2. Der Leistungserbringer erhält die Gelegenheit, sich innerhalb von vier Wochen zu den vorläufig getroffenen Feststellungen zu äußern. Der Träger der Eingliederungshilfe prüft die Rückmeldung des Leistungserbringers und klärt mit diesem die noch offenen Sachverhalte. Auf Wunsch eines Beteiligten erfolgt diese Klärung in einem persönlichen Gespräch, dessen Ergebnisse protokolliert werden. Anschließend teilt der Träger der Eingliederungshilfe dem Leistungserbringer das endgültige Prüfergebnis innerhalb von vier Wochen schriftlich mit und stellt dabei nicht einvernehmlich ausgeräumte Sachverhalte gesondert dar.

A.7 Grundsätze und Maßstäbe für die Wirtschaftlichkeit und Qualität einschließlich der Wirksamkeit

A.7.1 Grundsätze und Maßstäbe der Wirtschaftlichkeit

1. Die Leistungserbringung muss nach § 123 Abs. 2 Satz 2 SGB IX dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit entsprechen. Maßstäbe hierfür sind die in der Leistungsvereinbarung festgelegten wesentlichen Leistungsmerkmale unter Beachtung des Grundsatzes der Sparsamkeit sowie der Leistungsfähigkeit des Leistungserbringers.

2. Die Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit ist Gegenstand der Verhandlung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer und integraler Bestandteil der Vereinbarungen nach §§ 123 ff. SGB IX. Eine wirtschaftliche Leistungserbringung ist zu vermuten, solange und soweit der Leistungserbringer die vereinbarte Leistung in der vereinbarten Qualität zur vereinbarten Vergütung erbringt.

A.7.2 Grundsätze und Maßstäbe der Qualität

1. Die Qualität der Leistung der Eingliederungshilfe umfasst die Gesamtheit von Eigenschaften und Merkmalen der sozialen Dienstleistung bzw. Maßnahme. Die Leistung hat den Erfordernissen einer bedarfsgerechten, personenzentrierten Leistungserbringung und dem allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse der Eingliederungshilfe zu entsprechen. Maßstab hierfür sind die jeweiligen Rahmenleistungsbeschreibungen (Anlage A). Darüber hinaus ist die Leistung entsprechend der Leistungsvereinbarung, dem Fachkonzept1) und dem Gesamtplan nach § 121 SGB IX unter Beachtung der Wünsche der leistungsberechtigten Person zu erbringen.1

1) für den Bereich der Sozialen Teilhabe nach dem Extrakt (s. A.3.4 Abs. 4.)

2. Der Leistungserbringer stellt ein Qualitätsmanagement sicher, das durch systematische Verfahren und/oder Maßnahmen die vereinbarte Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der Leistungserbringung nach Maßgabe der Ziffern A.7.2.1 bis A.7.2.3 gewährleistet. Hierzu gehören insbesondere:

  • eine standardisierte Darstellung, Fortschreibung und Dokumentation der Schlüsselprozesse der Leistungserbringung
  • eine verbindliche und dokumentierte Festlegung von Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Maßnahmen für die Qualitätssicherung
  • die dem allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse der Eingliederungshilfe entsprechende Weiterentwicklung des Fachkonzepts
  • die Mitbestimmungsrechte der Leistungsberechtigten
  • ein Beschwerdemanagement
  • ein Fort- und Weiterbildungskonzept für die Mitarbeiter des Leistungserbringers

3. Die Qualität der Leistung gliedert sich in die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität.

A.7.2.1 Strukturqualität

Die Strukturqualität beschreibt die für die Gewährleistung der Prozess- und Ergebnisqualität erforderlichen Rahmenbedingungen. Hierzu zählen neben der sächlichen und personellen Ausstattung sowie den betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers Festlegungen in der Leistungsvereinbarung und/oder dem Fachkonzept insbesondere zu

  • Zielgruppe, Leistungsangebot und Ort der Leistungserbringung,
  • Möglichkeiten der Kontaktaufnahme sowie räumliche und zeitliche Erreichbarkeit des Leistungserbringers insbesondere in Krisensituationen der leistungsberechtigten Person,
  • Organisations- und Leitungsstruktur,
  • Besetzung und Qualifikation des Personals,
  • Mitarbeiterberatung, Mitarbeiterbesprechungen,
  • sozialräumlicher sowie trägerübergreifender und interdisziplinärer Netzwerkarbeit.

Die Kriterien im Einzelnen sind in der jeweiligen Rahmenleistungsbeschreibung aufgeführt.

A.7.2.2 Prozessqualität

1. Die Prozessqualität beschreibt das Verfahren der Leistungserbringung über den gesamten Leistungszeitraum und umfasst ihre Planung, Strukturierung und deren Ablauf. Die Leistungserbringung setzt die Leistungsvereinbarung und/oder das Fachkonzept durch geeignete Prozesse, Verfahren und Maßnahmen um.

Zur Prozessqualität gehören insbesondere die

  • Anwendung von Methoden, die dem allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse der Eingliederungshilfe entsprechen und der Sicherung der Wirksamkeit der Leistungen dienen,
  • Beiträge zur Vernetzung und fachlichen Weiterentwicklung in lokalen, regionalen und/oder landes-/bundesweiten fachlichen Gremien im notwendigen Umfang,
  • Achtung der Würde der Leistungsberechtigten,
  • Beteiligung der Leistungsberechtigten und ihrer Vertrauenspersonen an der individuellen Leistungsplanung und – soweit möglich – an der Leistungserbringung,
  • bedarfsgerechte Leistungserbringung unter Beachtung des Gesamtplans und der Wünsche der Leistungsberechtigten sowie deren regelmäßige Reflexion,
  • Dokumentation der Leistungserbringung im Einzelfall,
  • professionelle Ausgestaltung der Arbeitsbeziehungen zwischen der leistungsberechtigten Person und dem Leistungserbringer,
  • Zusammenwirken der Fachkräfte (Reflexion, Koordination, Kooperation), die Anbindung in Kooperationsstrukturen und Umsetzung interdisziplinärer und trägerübergreifender Zusammenarbeit.

Die Kriterien im Einzelnen sind in der jeweiligen Rahmenleistungsbeschreibung (Anlage A) aufgeführt.

2. Der Leistungserbringer ist verpflichtet, den Träger der Eingliederungshilfe über besondere Vorkommnisse während der Leistungserbringung unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen unverzüglich schriftlich (per Brief, Telefax oder E-Mail) zu informieren. Dazu benennt dieser dem Leistungserbringer die erforderlichen Kontaktdaten. Die Verwendung des Formulars in der Anlage F.2 wird empfohlen.

Der Träger der Eingliederungshilfe bestätigt unverzüglich schriftlich den Eingang der Information und nimmt, soweit nach seiner Beurteilung notwendig, Kontakt mit dem Leistungserbringer und ggf. mit der leistungsberechtigten Person auf.

Besondere Vorkommnisse sind nicht alltägliche Ereignisse, die bereits eingetreten sind oder einzutreten drohen, und die die Leistungserbringung im Einzelfall oder die Aufrechterhaltung des Angebots gefährden. Beispiele sind in der Anlage F.1 aufgeführt.

A.7.2.3 Ergebnisqualität, Wirkung und Wirksamkeit

1. Die Ergebnisqualität ist als Zielerreichungsgrad der gesamten Leistungserbringung zu verstehen.

Kriterien für die Ergebnisqualität können sein:

  • Fachgerechtigkeit der Leistungserbringung
  • Erhalt und/oder Ausbau der erreichbaren Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unter Berücksichtigung der Erreichung der im Gesamtplan dokumentierten Ziele
  • Verwirklichung einer möglichst selbstbestimmten und eigenständigen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie in ihrem Sozialraum
  • Zufriedenheit/ Bewertung der Leistungsberechtigten

2. Wirkungen sind auf der Ebene der jeweils leistungsberechtigten Person der intendierte Erhalt und die Veränderungen, die mittels zielorientierter Arbeit gemeinsam mit leistungsbe­rechtigten Personen, deren Lebensumfeld oder der Gesellschaft erreicht werden.

Die Wirkung im Einzelfall ist nicht Gegenstand von Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 128 SGB IX. Sie wird im Rahmen der Wirkungskontrolle im Gesamtplanverfahren (§121 Abs. 2 SGB IX) im Hinblick auf die im Gesamtplan dokumentierten Ziele und unter Berücksichtigung der Leistungen anderer Leistungserbringer (auf der Grundlage u.a. der Bücher SGB V, VIII, IX, XI und XII des Sozialgesetzbuches) erörtert.

3. Die Wirksamkeit setzt voraus, dass die Leistungen den im Rahmenvertrag und in den Vereinbarungen nach §125 SGB IX niedergelegten Grundsätzen und Maßstäben der Qualität entsprechen und dazu dienlich sind, die Ziele des § 1 SGB IX und der UN-BRK zu verfolgen und zu erreichen.

A.8 Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfung

A.8.1 Allgemeines zu den Prüfungen

1. Zur Feststellung der Vereinbarkeit der Leistungserbringung mit den vertraglichen und/oder gesetzlichen Bestimmungen nach dem SGB IX und/oder den hierzu ergangenen Ausführungsgesetzen oder Rechtsverordnungen führt der Träger der Eingliederungshilfe Prüfungen des Leistungserbringers durch. Prüfungen nach Satz 1 sind als Prüfung der Qualität einschließlich der Wirksamkeit und/oder Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zulässig.

2. Gegenstand der Wirtschaftlichkeitsprüfung sind tatsächliche Anhaltspunkte einer fehlenden Wirtschaftlichkeit, z.B. eine nicht zweckentsprechende Verwendung der gezahlten Vergütung.

3. Jeder Prüfung liegt grundsätzlich ein beratungsorientierter Ansatz zugrunde. Die Prüfung bildet eine Einheit aus Prüfung, Beratung und Empfehlungen von Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Leistungserbringung.

4. Ziel ist es, die Prüfungen nach landesweit einheitlichen Prüfkriterien durchzuführen. Eine Evaluation der bis 31.12.2023 erfolgten Prüfverfahren wird durch die Träger der Eingliederungshilfe durchgeführt und in der Gemeinsamen Kommission (Ziffer A.9) vorgestellt. Die Gemeinsame Kommission entscheidet anschließend über den Bedarf eines landeseinheitlichen Prüfkatalogs und entwickelt diesen gegebenenfalls.

5. Für die Prüfung der Wirksamkeit gelten die Regelungen der Ziffer A.8.4.

A.8.2 Durchführung von Prüfungen

1. Prüfungen nach diesem Rahmenvertrag werden aus besonderem Anlass oder anlassunabhängig durchgeführt. Wirtschaftlichkeitsprüfungen dürfen nur aus besonderem Anlass durchgeführt werden.

Aus besonderem Anlass darf eine Prüfung durchgeführt werden, soweit tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Leistungserbringer seine vertragliche oder gesetzliche Pflicht nicht erfüllt oder die Gefahr besteht, dass er diese zukünftig nicht mehr erfüllen kann. Bei diesen Anhaltspunkten muss es sich um substantielle Hinweise handeln, die nahelegen, dass bei dem betroffenen Leistungserbringer die Gewähr für eine vertragsgerechte Leistungserbringung nicht (mehr) besteht.

2. Die Prüfung der Qualität und Wirtschaftlichkeit kann sich auf einen Prüfungsgegenstand beziehen, der zum Zeitpunkt der Prüfungsmitteilung höchstens 5 Kalenderjahre zurückliegt. Die Prüfung umfasst einen Zeitraum von längstens 24 Monaten.

Die Prüfung kann sich auf einen oder mehrere Prüfungsgegenstände erstrecken. Sie kann sich auf Teile der Leistungserbringung oder auf die Leistung insgesamt beziehen.

3. Die Prüfungen werden durch den Träger der Eingliederungshilfe oder einem von ihm beauftragten Dritten (nachfolgend: Prüfer*in) unter Vermeidung möglicher Interessenkollisionen durchgeführt. Bei den Prüfungen ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Auf Wunsch des Leistungserbringers ist der zuständige Spitzenverband zu beteiligen.

4. Der Leistungserbringer ist verpflichtet, die Prüfung zu ermöglichen und daran mitzuwirken.

Die Prüfungen finden grundsätzlich in den Räumen des Leistungserbringers statt. Der Leistungserbringer gewährt dem*der Prüfer*in innerhalb der Geschäftszeiten Zugang zu den von ihm genutzten betriebsnotwendigen Räumlichkeiten. Prüfungen zu anderen Zeiten sind nur zulässig, soweit der Prüfauftrag dies erforderlich macht.

Der Leistungserbringer stellt eine Vertretung zur Verfügung, die die notwendigen Auskünfte erteilen kann und legt auf Verlangen die notwendigen Unterlagen vor.

Zur Vermeidung von Doppelprüfungen legt der Leistungserbringer dem Träger der Eingliederungshilfe Prüfunterlagen anderer gesetzlicher Prüfinstitutionen vor, soweit die vom Prüfer /von der Prüferin benannten Prüfungsgegenstände bereits von anderen gesetzlichen Prüfinstitutionen geprüft und bewertet worden sind.

5. Bei einer anlassunabhängigen Prüfung erfolgt keine erneute Prüfung des Gegenstands, auf den sich die Unterlagen beziehen, es sei denn, dass die Unterlagen älter als zwölf Monate sind; in diesem Fall hat der Träger der Eingliederungshilfe über eine erneute Prüfung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden.

6. Die Qualitätsprüfungen erfolgen gemäß § 8 AG BTHG NRW ohne vorherige Ankündigung; die Wirtschaftlichkeitsprüfung kann ohne vorherige Ankündigung erfolgen.

7. Zu Beginn der Prüfung teilt der Träger der Eingliederungshilfe bzw. der beauftragte Dritte dem Leistungserbringer in einem Eröffnungsgespräch Grund, Gegenstand und Umfang der Prüfung (Prüfauftrag) mit.

Wird die Prüfung angekündigt, teilt der Träger der Eingliederungshilfe bzw. der beauftragte Dritte dem Leistungserbringer die Gründe für die Prüfung mit der Ankündigung schriftlich mit.

Wird während der Prüfung der Prüfgegenstand aus besonderem Anlass erweitert, teilt der Träger der Eingliederungshilfe dies dem Leistungserbringer unverzüglich mit und erläutert dies.

Einzelheiten zur Abwicklung der Prüfung sind zwischen dem*der Prüfer*in und dem Leistungserbringer abzusprechen.

8. Bei der Durchführung der Prüfung sind die Bestimmungen des Datenschutzes/ der Kirchlichen Datenschutzgesetze zu beachten. Die mit der Leistung verbundenen Dokumente können unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen in die Prüfung einbezogen werden.

Leistungsberechtigte Personen können nur mit ihrem Einverständnis oder dem Einverständnis der gesetzlichen Vertretung in die Prüfung einbezogen werden.

9. Die Prüfung endet mit einem Abschlussgespräch zwischen dem*der Prüfer*in und dem Leistungserbringer. Das Gespräch findet in der Regel vor Ort am letzten Tag der Prüfung statt, spätestens aber innerhalb von fünf Werktagen. Sofern sich hierbei weitere prüfrelevante Ansatzpunkte ergeben, kann die Prüfung fortgesetzt werden.Im Rahmen des Abschlussgesprächs soll der Leistungserbringer auf der Grundlage der bei der Prüfung bereits gewonnenen Erkenntnisse mit dem Ziel beraten werden, festgestellte Pflichtverletzungen unverzüglich zu beseitigen, Pflichtverletzungen rechtzeitig vorzubeugen und/oder Verbesserungsmöglichkeiten zu nutzen. Mit der Beratung soll die Eigenverantwortlichkeit des Leistungserbringers für die Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität einschließlich Wirksamkeit und/oder Wirtschaftlichkeit sowie die ordnungsgemäße Abrechnung der Leistungserbringung gestärkt werden.

10. Ist Anlass der Prüfung die Beschwerde einer leistungsberechtigten Person oder ihrer gesetzlichen Vertretung, ist der Person oder ihrer gesetzlichen Vertretung Gelegenheit zur Teilnahme an dem ihn betreffenden Teil der Prüfung einschließlich des Abschlussgesprächs zu geben. Die Beschwerde ist im Übrigen einzelfallbezogen zu bearbeiten und vom Adressaten der Beschwerde zu beantworten.

11. Der Träger der Eingliederungshilfe und der Leistungserbringer tragen jeweils die bei ihnen entstehenden Kosten der Prüfung.

A.8.3 Ergebnisse von Prüfungen

1. Über die durchgeführte Prüfung erstellt der Träger der Eingliederungshilfe i. S. v. § 128 Abs. 3 SGB IX einen schriftlichen Bericht. Dieser beinhaltet insbesondere

  • Angaben zum – gegebenenfalls erweiterten – Prüfauftrag sowie Zeitraum und Teilnehmer der Prüfung,
  • die Erläuterung des Vorgehens mit Angaben zu herangezogenen Unterlagen, Daten und Verfahren für die Prüfung,
  • die (Teil-) Ergebnisse der Prüfung nach Prüfgegenständen mit Darlegung etwaiger festgestellter Mängel und Pflichtverletzungen,
  • gegebenenfalls die gesonderte Darstellung im Abschlussgespräch nicht einvernehmlich ausgeräumter unterschiedlicher Auffassungen zur Prüfung,
  • das zusammenfassende Ergebnis der Prüfung mit einer Empfehlung von Maßnahmen.

2. Der Träger der Eingliederungshilfe hat den Entwurf des Prüfberichts innerhalb von vier Wochen nach dem Abschlussgespräch zu erstellen und dem Leistungserbringer bekanntzugeben. Mit der Bekanntgabe erhält der Leistungserbringer Gelegenheit, hierzu innerhalb von vier Wochen Stellung zu nehmen. Nach Ablauf der Frist zur Stellungnahme zum Entwurf des Prüfberichts gibt der Träger der Eingliederungshilfe dem Leistungserbringer den abschließenden Prüfbericht innerhalb von vier Wochen bekannt.

3. Hat der für den Leistungserbringer zuständige Spitzenverband bzw. ein Bevollmächtigter an der Prüfung teilgenommen, erhält auch dieser eine Ausfertigung des Entwurfs des Prüfberichts sowie die abschließende Fassung.

4. Ohne Zustimmung des Leistungserbringers darf der Träger der Eingliederungshilfe den abschließenden Prüfbericht über die unmittelbar Beteiligten und betroffenen Personen hinaus nicht an Dritte weitergeben, es sei denn, dass ein berechtigtes Interesse an einer Weitergabe besteht. Die Berechtigung oder Verpflichtung des Trägers der Eingliederungshilfe zur Weitergabe von Prüfungsergebnissen und personenbezogener Daten an eine WTG- Behörde nach § 128 Abs. 1 Sätze 4 - 6 SGB IX wird hiervon nicht berührt.

5. Das im abschließenden Prüfbericht enthaltene zusammenfassende Ergebnis der Prüfung ist der leistungsberechtigten Person durch den Leistungserbringer in gut wahrnehmbarer Form zugänglich zu machen.

6. Der Träger der Eingliederungshilfe berichtet der Gemeinsamen Kommission im Abstand von zwei Jahren – erstmals zum 31.12.2021 – über die wesentlichen Ergebnisse der durchgeführten Prüfungen.

A.8.4 Prüfung der Wirksamkeit

1. Die Wirksamkeitsprüfung erstreckt sich auf alle zuvor vereinbarten und erbrachten Leistungen innerhalb eines Kalenderjahres.

2. Die Wirksamkeit wird im Rahmen der Berichte zum Leistungsangebot (standardisierte Leistungsdokumentation – Anlage E) berücksichtigt. Sie kann auch durch Feststellungen vor Ort erhoben werden.

3. Werden über alle Leistungsberechtigten im Betrachtungszeitraum in einem erheblichen Maße individuelle Ziele nicht erreicht oder übertroffen, tritt der Träger der Eingliederungshilfe mit dem Leistungserbringer in einen Qualitätsdialog. Ziel des Qualitätsdialogs ist die fachliche Leistungserbringung.

4. Die Prüfung ist beratungsorientiert und bezieht sich auf die in der Leistungsvereinbarung festgelegten Maßnahmen, Methoden und Arbeitsweisen zur Sicherung der Wirksamkeit der Leistungen. Sanktionen erfolgen nicht.

A.8.5 Kürzung der Vergütung

1. Stellt der Träger der Eingliederungshilfe eine Pflichtverletzung fest, teilt er dies dem Leistungserbringer schriftlich mit. Mit der Bekanntgabe des vorläufigen Prüfberichtes beziffert der Träger der Eingliederungshilfe schriftlich den gemäß § 129 SGB IX geforderten Kürzungsbetrag; die Höhe des Kürzungsbetrags soll begründet werden. Der Zeitraum der Vergütungskürzung darf 24 Monate nicht überschreiten.

2. Über die Höhe des Kürzungsbetrags, den der Träger der Eingliederungshilfe im Bericht benennt, ist zwischen den Vertragsparteien gemäß § 129 Abs. 1 S. 2 SGB IX Einvernehmen herzustellen. Kommt eine Einigung der Vertragsparteien über den Kürzungsbetrag nicht zustande, gilt § 129 Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB IX. Die Frist des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB IX beginnt mit Bekanntgabe des abschließenden Prüfberichts gemäß Ziffer A.8.3.

A.9 Gemeinsame Kommission

1. Die Partner dieses Rahmenvertrages nach § 131 Abs. 1 SGB IX bilden auf Landesebene eine Gemeinsame Kommission.

2. Der Rahmenvertrag wird von den Vertragsparteien als „lernendes System“ verstanden; sie gehen von der Notwendigkeit einer Berücksichtigung von Umsetzungsproblemen, Evaluationsergebnissen, fachlichen und rechtlichen Entwicklungen in der Gemeinsamen Kommission aus.

A.9.1 Zusammensetzung

1. Die Gemeinsame Kommission ist paritätisch mit Vertretern der Leistungserbringer und der Träger der Eingliederungshilfe besetzt. Die Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderung im Sinne des § 7 AG SGB IX NRW werden beteiligt.

2. Der Gemeinsamen Kommission gehören stimmberechtigt an:

  • 10 Vertreter*innen der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege
  • 3 Vertreter*innen der Verbände der privat-gewerblichen Anbieter
  • 1 Vertreter*in der Verbände der öffentlichen Träger
  • 6 Vertreter*innen des Landschaftsverbandes Rheinland
  • 6 Vertreter*innen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe
  • 2 Vertreter*innen der kommunalen Spitzenverbände

3. Die Mitglieder der Gemeinsamen Kommission werden namentlich gegenüber der Geschäftsstelle benannt. Für jedes stimmberechtigte Mitglied können die entsendenden Vertragsparteien bis zu zwei Stellvertretungen benennen. Es obliegt den Vertragsparteien zu entscheiden, welche benannten Personen an den Sitzungen der Gemeinsamen Kommission teilnehmen.

4. Die Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderung nach § 7 AG BTHG NRW nehmen mit 3 Vertreter*innen beratend an den Sitzungen der Gemeinsamen Kommission teil. Absatz 3 gilt entsprechend.

A.9.2 Vorsitz

Die Gemeinsame Kommission wählt aus Ihrer Mitte für die Dauer von zwei Jahren eine Sitzungsleitung und eine Stellvertretung. Die Sitzungsleitung wechselt zwischen Leistungserbringern und Trägern der Eingliederungshilfe.

A.9.3 Geschäftsstelle

Der Sitzungsleitung obliegt die Führung der Geschäfte der Gemeinsamen Kommission. Hierfür richtet sie eine Geschäftsstelle ein. Mitarbeiter*innen der Geschäftsstelle der Gemeinsamen Kommission dürfen an den Sitzungen als nicht stimmberechtigtes Mitglied teilnehmen.

A.9.4 Geschäftsordnung

Die Gemeinsame Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung (Anlage L), welche die Rechte und Pflichten der der Zusammenarbeit der Vertragsparteien, die Arbeitsweise und Organisation regelt. Sie kann auf Antrag der Leistungserbringer oder der Träger der Eingliederungshilfe geändert werden.

A.9.5 Aufgaben

Der Gemeinsamen Kommission obliegt die Weiterentwicklung dieses Rahmenvertrags einschließlich seiner Bestandteile in der jeweils gültigen Fassung. Dazu gehören die

  • Anpassung durch Änderung und/oder Ergänzung insbesondere
    • in den Fällen des § 131 Abs. 1 SGB IX,
    • bei Rechtsänderungen,
    • auf Verlangen einer Vertragspartei,
    • im Kündigungsfall (Teil C.4) oder
    • soweit sich eine Regelung als unwirksam oder undurchführbar erweist,
    • Evaluation und Weiterentwicklung der Grundlagen, Kriterien und Verfahren zur Ermittlung der Leistungsstruktur,
    • Weiterentwicklung der Grundlagen und Kriterien der Vergütung und Verfahren zur deren Ermittlung,
    • gemeinsame Bewertung der Evaluation des SGB IX nach Art. 25 BTHG
    • sowie weitere Aufgaben nach diesem Vertrag.

A.9.6 Zusammenkunft

1. Die Gemeinsame Kommission tritt mindestens einmal jährlich sowie auf Verlangen der Träger der Eingliederungshilfe oder der einfachen Mehrheit der Leistungserbringer zusammen.

2. Zur Vorbereitung der Sitzungen der Gemeinsame Kommission sowie zur fachlichen und rechtlichen Weiterentwicklung werden ständige Arbeitsgruppen zu den Themen

  • Umsetzung, Anpassung und Weiterentwicklung des Rahmenvertrags/ Auswirkungen der neuen Leistungsstruktur,
  • Soziale Teilhabe,
  • Teilhabe am Arbeitsleben,
  • Kinder und Jugendliche

eingesetzt. Darüber hinaus können weitere Arbeitsgruppen, zu den jeweiligen Arbeitsgruppen weitere Unterarbeitsgruppen sowie für einzelne Angelegenheiten Sonderarbeitsgruppen eingesetzt werden.

3. Die gemeinsame Bewertung der Evaluation des SGB IX nach Art. 25 BTHG erfolgt in einer zu diesem Zweck eingesetzten Arbeitsgruppe. Nach einvernehmlichem Abschluss der Beratungen der Arbeitsgruppe werden die Ergebnisse innerhalb von drei Monaten als Beschlussvorlage in die Gemeinsame Kommission eingebracht und dort einstimmig über die Vertragsanpassung entschieden.

4. Die personelle Zusammensetzung der Arbeitsgruppen beschließt die Gemeinsame Kommission. Den Arbeitsgruppen gehören je ein Mitglied der genannten Parteien nach Ziffer A.9.1 an. Einvernehmlich können Personen mit besonderem Fachwissen hinzugezogen werden.

5. Die ständigen Arbeitsgruppen tagen mindestens einmal jährlich, darüber hinaus auf Initiative der Gemeinsamen Kommission oder der einfachen Mehrheit der Mitglieder der jeweiligen Arbeitsgruppe.

A.9.7 Beschlüsse

Die Gemeinsame Kommission ist beschlussfähig, wenn die Mehrheit der Vertreter*innen der Träger der Eingliederungshilfe sowie die Mehrheit der Leistungserbringer anwesend ist. Beschlüsse werden -unbeschadet der Möglichkeit der Stimmenthaltung- einstimmig gefasst.

B Besonderer Teil

B.1 Leistungen für Kinder und Jugendliche

B.1.1 Grundsätze

1. Die Vertragsparteien bekräftigen ihren Willen, Teilhabechancen für Kinder und Jugendliche mit (drohender) Behinderung qualitativ weiterzuentwickeln und so gleichwertige Lebensbedingungen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen in NRW zu ermöglichen.

2. Dazu gilt es Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine bedarfsdeckende Leistungserbringung möglichst im Lebensumfeld der Kinder und Jugendlichen sicherstellen. Familienorientierung, Wohnortnähe und Verzahnung der Teilhabeleistungen nach SGB IX mit den Leistungen des SGB VIII sind dabei konstitutive Elemente, die besondere Anforderungen an die Bedarfsfeststellung, Leistungsgewährung und die Leistungserbringung stellen. Insbesondere gilt dies für Leistungen für noch nicht eingeschulte Kinder nach § 79 SGB IX und § 46 SGB IX sowie für Schulkinder nach § 112 SGB IX. Unabhängig von ihrer konkreten Lebensphase soll § 78 SGB IX Kindern und Jugendlichen die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen. Die SGB IX- Leistungen sind so auszugestalten, dass sie im Rahmen des Lebensumfeldes (z.B. Familie, Kindertagesbetreuung) möglichst wie aus einer Hand erbracht werden können.

3. Die Vertragsparteien werden die Auswirkungen des Rahmenvertrages nach §131 SGB IX daher im Zuge eines Qualitätsdialogs und in einer AG Kinder und Jugendliche der Gemeinsamen Kommission kontinuierlich evaluieren und bei Bedarf Anpassungen vornehmen.

4. Auf der Grundlage des AG BTHG NRW verständigen sich die Vertragsparteien darauf, dass Heilpädagogische Leistungen nach § 79 SGB IX als Leistungen in der Kindertageseinrichtung, als heilpädagogische Leistung im Rahmen von Frühförderung (z. B durch Frühförderstellen, Autismusambulanzen, Sozialpädiatrische Zentren - SPZ) und als Leistung in der Kindertagespflege erbracht werden können. Der individuelle Bedarf des Kindes ist entscheidend für Inhalt und Umfang sowie Intensität der Förderung und die Wahl des Förderortes. Dabei sind die Wünsche der Kinder und Jugendlichen mit (drohender) Behinderung und deren Sorgeberechtigten angemessen zu berücksichtigen. Heilpädagogische Leistungen im Rahmen der Frühförderung kommen insbesondere dann zum Tragen, wenn der Gesamtbedarf eines Kindes nicht durch die Leistungen der Kindertageseinrichtung gedeckt werden kann. Dabei ist es Ziel, das Angebot der Frühförderung so weiterzuentwickeln und auszubauen, dass jedes Kind bei Bedarf eine interdisziplinäre Frühförderstelle in Anspruch nehmen kann. Die Vernetzung von Leistungen der Frühförderung und der Förderung in der Kindertagesbetreuung ist ein tragendes Element.

5. Die bedarfsdeckenden Leistungen nach SGB IX werden inhaltlich und materiell mit SGB VIII (KiBiz) Leistungen verzahnt und ermöglichen dadurch eine gemeinsame Betreuung, Förderung, Erziehung und Bildung von Kindern mit und ohne Behinderung.

6. Heilpädagogische Leistungen und Leistungen der Schulbegleitung, autismusspezifische Fachleistungen sowie Assistenzen für Kinder und Jugendliche im familiären Kontext beinhalten auf das einzelne Kind bezogene Leistungen und gemeinschaftlich erbrachte Leistungen. Träger von Kindertageseinrichtungen werden zu Leistungserbringern im Sinne dieses Vertrages durch den Abschluss einer Leistungs- und Vergütungsvereinbarung mit dem zuständigen Landschaftsverband. Erbringer von Schulbegleitungsleistungen, autismusspezifischer Fachleistungen sowie Assistenzen für Kinder und Jugendliche im familiären Kontext werden zu Leistungserbringern im Sinne des Vertrags durch den Abschluss einer Leistungs- und Vergütungsvereinbarung mit dem zuständigen Träger der Eingliederungshilfe.

7.Die Anlagen B.1 – B.3, C, E und F werden im Rahmen der Gemeinsamen Kommission auf die Anwendbarkeit für den Bereich Kinder und Jugendliche überprüft.

B.1.2 Heilpädagogische Leistungen

Heilpädagogische Leistungen nach § 79 SGB IX werden

  • in Kombination mit pädagogischen Leistungen und bei Bedarf in Verbindung mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in Tageseinrichtungen für Kinder,
  • als heilpädagogische Leistung im Rahmen von Frühförderung (z. B durch Frühförderstellen, Autismusambulanzen, Sozialpädiatrische Zentren),
  • in Kombination mit pädagogischen Leistungen in der Kindertagespflege

erbracht. Näheres hierzu wird in den entsprechenden Rahmenleistungsbeschreibungen (Anlagen A.2.1 – A.2.3) geregelt.

B.1.3 Leistungen zur Betreuung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen in besonderen Wohnformen

1. Die Rechtsgrundlage findet sich in §§ 78, 113, 134 SGB IX und § 45 SGB VIII (Betriebserlaubnis).

2. Ziel dieser Leistung ist es, den besonderen Bedarfen von Kindern und Jugendlichen gerecht zu werden.

3. Die Leistung bietet Kindern und Jugendlichen mit Behinderung einen am Bedarf orientierten verlässlichen Lebensort und gewährleistet die erforderliche Versorgung, Erziehung und Förderung.

4. Die Leistung hat das Ziel, nach der Besonderheit des Einzelfalls die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, zu ermöglichen oder zu erleichtern. Sie wird erbracht, um die Kinder und Jugendlichen zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung zu befähigen oder sie hierbei zu unterstützen.

5. Eine Konkretisierung der Leistungsziele erfolgt mindestens einmal jährlich auf der Grundlage des regelmäßigen Kontakts mit den leistungsberechtigten Kindern und Jugendlichen und zu den sorgeberechtigten Personen über eine regelmäßige Fortschreibung im Rahmen des individuellen Teilhabe-/Gesamtplans.

6. Näheres hierzu wird in der entsprechenden Rahmenleistungsbeschreibung (Anlage A.2.4) geregelt.

B.1.4 Leistungen zur Betreuung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen in einer Pflegefamilie

1. Die Rechtsgrundlage findet sich in § 113 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX, § 134 SGB IX in Verbindung mit § 44 SGB VIII und § 80 SGB IX.

2. Ziel dieser Leistung ist es, den besonderen Bedarfen von Kindern und Jugendlichen gerecht zu werden.

3. Das Aufwachsen in einer Pflegefamilie soll Kindern und Jugendlichen mit Behinderung einen am individuellen Bedarf orientierten verlässlichen familiären Lebensort bieten und die erforderliche Versorgung, Erziehung und Förderung gewährleisten.

4. Die Leistung hat das Ziel, nach der Besonderheit des Einzelfalls die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, zu ermöglichen oder zu erleichtern. Sie wird erbracht, um die Kinder und Jugendlichen in einer anderen Familie als der Herkunftsfamilie zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung zu befähigen oder sie hierbei zu unterstützen.

5. Eine Konkretisierung der Leistungsziele erfolgt mindestens einmal jährlich auf der Grundlage des regelmäßigen Kontakts mit den leistungsberechtigten Kindern und Jugendlichen und zu den sorgeberechtigten Personen über eine regelmäßige Fortschreibung im Rahmen des individuellen Teilhabe-/Gesamtplans.

6. Näheres hierzu wird in der entsprechenden Rahmenleistungsbeschreibung (Anlage A.2.5) geregelt.

B.1.5 Leistungen zur Teilhabe an Bildung

B.1.5.1 Leistungen zur Schulbegleitung/ schulische Ganztagsangebote

1. Die Rechtsgrundlage bildet § 112 SGB IX in Verbindung mit § 75 SGB IX.

2. Die Regelungen im Allgemeinen Teil (Teil A) gelten für die örtliche Ebene, soweit deren Anwendbarkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Abweichungen ergeben sich aus der entsprechenden Rahmenleistungsbeschreibung oder sind in den jeweiligen Leistungsvereinbarungen nach § 125 SGB IX vorzunehmen.

3. Die Vertragsparteien streben an, im Rahmen der Gemeinsamen Kommission einheitliche Kalkulationsmuster zu entwickeln. Bis zu einer Regelung werden in Einzelverhandlungen individuelle Kalkulationsmuster zugrunde gelegt.

4. Einzelheiten zu Leistungen zur Schulbegleitung werden in der Rahmenleistungsbeschreibung (Anlage A.2.6) geregelt.

5. Die Checklisten für die Verhandlungsaufforderung (Anlage C) finden keine Anwendung. Die Vertragsparteien streben an, gesonderte Muster für die Leistungen der örtlichen Ebene zu entwickeln.

B.1.5.2 Autismusspezifische Fachleistungen

1. Die Rechtsgrundlage bildet § 112 SGB IX i.V.m § 75 SGB IX, § 79 SGB IX in Verbindung mit § 113 SGB IX.

2. Die Regelungen im Teil A gelten für die örtliche Ebene, soweit deren Anwendbarkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Abweichungen ergeben sich aus der entsprechenden Rahmenleistungsbeschreibung oder sind in den jeweiligen Leistungsvereinbarungen nach § 125 SGB IX vorzunehmen.

3. Die Vertragsparteien streben an, im Rahmen der Gemeinsamen Kommission einheitliche Kalkulationsmuster zu entwickeln. Bis zu einer Regelung werden in Einzelverhandlungen individuelle Kalkulationsmuster zugrundgelegt.

4. Einzelheiten zu autismusspezifischen Fachleistungen werden in der Rahmenleistungsbeschreibung (Anlage A.2.7) geregelt.

5. Die Checklisten für die Verhandlungsaufforderung (Anlage C) finden keine Anwendung. Die Vertragsparteien streben an, gesonderte Muster für die Leistungen der örtlichen Ebene zu entwickeln.

B.1.5.3 Regelungen zu den Kosten für Leitung und Verwaltung sowie Sachkosten für die Leistungen zu den Ziffern B.1.5.1 – B.1.5.2

Die Kalkulationen für die Leistungen nach den Ziffern B.1.5.1 und B.1.5.2 enthalten Zuschläge auf die Brutto-Personalkosten für die Gemeinkosten (Leitung und Verwaltung) und den Sachaufwand incl. betriebsnotwendiger Anlagen und Ausstattung. Sofern die Werte in den Rahmenleistungsbeschreibungen geregelt sind, sind diese anzuwenden. Die Berechnung des jeweiligen Zuschlags erfolgt in entsprechender Anwendung der Systematik aus dem KGSt- Bericht „Kosten eines Arbeitsplatzes“ in der jeweils gültigen Fassung. Die Plausibilitätswerte sind als Orientierungswert in örtlichen Verhandlungen zugrundezulegen. Die Plausibilitätswerte können in den Einzelverhandlungen sowohl über- als auch unterschritten werden.

B.1.6 Leistungen zur Sozialen Teilhabe

B.1.6.1 Assistenzleistungen für Kinder und Jugendliche im familiären Kontext

1. Die Rechtsgrundlage bildet § 113 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX i.V.m. § 78 Abs. 2 SGB IX.

2. Die Regelungen in Teil A gelten für die örtliche Ebene, soweit deren Anwendbarkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Abweichungen ergeben sich aus der entsprechenden Rahmenleistungsbeschreibung oder sind in den jeweiligen Leistungsvereinbarungen nach § 125 SGB IX vorzunehmen.

3. Die Vertragsparteien streben an, im Rahmen der Gemeinsamen Kommission einheitliche Kalkulationsmuster zu entwickeln. Bis zu einer Regelung werden in Einzelverhandlungen individuelle Kalkulationsmuster zugrundgelegt.

4. Einzelheiten zu Assistenzleistungen für Kinder und Jugendliche im familiären Kontext werden in der Rahmenleistungsbeschreibung (Anlage A.2.8) geregelt.

5. Die Checklisten für die Verhandlungsaufforderung (Anlage C) finden keine Anwendung. Die Vertragsparteien streben an, gesonderte Muster für die Leistungen der örtlichen Ebene zu entwickeln.

B.1.6.2 Regelungen zu den Kosten für Leitung und Verwaltung sowie Sachkosten für die Leistungen zu der Ziffer B 1.6.1

Die Kalkulationen für die Leistungen zu der Ziffer B 1.6.1 enthalten Zuschläge auf die Brutto-Personalkosten für die Gemeinkosten (Leitung und Verwaltung) und den Sachaufwand incl. betriebsnotwendiger Anlagen und Ausstattung. Sofern die Werte in den Rahmenleistungsbeschreibungen geregelt sind, sind diese anzuwenden. Die Berechnung des jeweiligen Zuschlags erfolgt in entsprechender Anwendung der Systematik aus dem KGSt- Bericht „Kosten eines Arbeitsplatzes“ in der jeweils gültigen Fassung. Die Plausibilitätswerte sind als Orientierungswert in örtlichen Verhandlungen zugrunde zu legen. Die Plausibilitätswerte können in den Einzelverhandlungen sowohl über- als auch unterschritten werden.

B.2 Teilhabe am Arbeitsleben

B.2.1 Grundsätze

1. Mit § 111 SGB IX werden Leistungen der Eingliederungshilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben beschrieben. Der Gesetzgeber beschränkt sich hierbei auf die drei Leistungen zur Beschäftigung

  • Leistungen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten für behinderte Menschen nach den §§ 58 und 62 SGB IX,
  • Leistungen bei „Anderen Leistungsanbietern“ nach den §§ 60 und 62 SGB IX sowie
  • Leistungen bei privaten und öffentlichen Arbeitgebern nach § 61 SGB IX.

2. Ziele der Leistungen nach § 58 Abs. 2 SGB IX sind

  • die Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer der Eignung und Neigung des Menschen mit Behinderungen entsprechenden Beschäftigung,
  • die Teilnahme an arbeitsbegleitenden Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der im Berufsbildungsbereich erworbenen Leistungsfähigkeit und zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit sowie
  • die Förderung des Übergangs von Menschen mit Behinderungen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch geeignete Maßnahmen.

3. Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zielen auf jene Personengruppen, die nach § 58 SGB IX einen Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis in einer Werkstatt für behinderte Menschen haben. Das schließt ausdrücklich auch Menschen ein, die einer erhöhten Pflege, Betreuung oder Förderung bedürfen.

4. In den Rahmenleistungsbeschreibungen (Anlage A.3)

  • Leistungen im Arbeitsbereich § 58 SGB IX in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 219 SGB IX),
  • Leistungen im Arbeitsbereich § 58 SGB IX bei anderen Leistungsanbietern (§ 60 SGB IX),
  • Leistungen zur Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz nach § 61 Abs. 2 SGB IX

wird Näheres geregelt.

5. Die besonderen Anforderungen der WVO und der WMVO, soweit zutreffend, werden berücksichtigt.

6. Bei den Leistungen nach §§ 58 und 60 SGB IX steht der Mensch mit Behinderung zum Leistungserbringer in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis (§ 221 Abs. 1 SGB IX).

7. Die Werkstatt für behinderte Menschen hat nach § 220 Abs. 1 SGB IX eine Aufnahmeverpflichtung. Eine Verpflichtung des Trägers der Eingliederungshilfe, Leistungen durch „Andere Leistungsanbieter“ (§ 60 Abs. 3 SGB IX) und Leistungen zur Beschäftigung bei privaten und öffentlichen Arbeitgebern zu ermöglichen (Budget für Arbeit § 61 Abs. 5 SGB IX), besteht nicht.

B.2.2 Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM)

1. Bei den Werkstätten für behinderte Menschen wirken als weitere Leistungsträger insbesondere die Bundesagentur für Arbeit und die Rentenversicherungen mit. Die Anerkennung der Werkstatt erfolgt durch die Bundesagentur für Arbeit im Benehmen mit dem Träger der Eingliederungshilfe.

2. Gegenstand dieses Vertrages ist nur der Bereich der fachlichen Anforderung der Werkstatt sowie der Bereich der wirtschaftlichen Betätigung, der sich aufgrund der besonderen Verhältnisse in der Werkstatt und der dort beschäftigten Menschen mit Behinderung von den Gegebenheiten in einem Wirtschaftsunternehmen unterscheidet (§ 58 Abs. 3 SGB IX).

B.2.3 Andere Leistungsanbieter (ALA)

Leistungen nach § 58 SGB IX können auch bei einem „Anderen Leitungsanbieter“ in Anspruch genommen werden. Angebote der „Anderen Leistungsanbieter“ sind eng angegliedert an die Vorschriften für Werkstätten für behinderte Menschen. Ausnahmen sind in § 60 Abs. 2 SGB IX festgehalten. Ergänzend vereinbaren die Vertragsparteien des Rahmenvertrages, dass die Grundlagen der Umsetzung und Vergütung im Rahmen der Leistungsvereinbarung flexibel auf das Konzept des einzelnen Anbieters angewandt werden.

B.2.4 Budget für Arbeit

1. Ein Budget für Arbeit ist eine Alternative zum Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem „Anderen Leistungsanbieter“. Die Leistung des Budgets für Arbeit nach § 61 SGB IX besteht aus den Bausteinen eines Lohnkostenzuschusses zum Ausgleich der Minderleistung und aus Leistungen zur Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz, die mehrere Menschen mit Behinderung auch gemeinsam in Anspruch nehmen (§ 61 Abs. 4 SGB IX) können. Nur diese Leistung ist Bestandteil des Rahmenvertrages. Weitere Bestandteile des Budgets für Arbeit werden in Zusammenarbeit mit den Inklusionsämtern fortgeführt.

2. Ergänzende Leistungen wie das Jobcoaching oder die Arbeitsassistenz ergänzen die Leistung der individuellen Anleitung und Begleitung. Die beiden ergänzenden Leistungen im Budget für Arbeit werden im Rahmen des Gesamtplanverfahrens festgelegt und als individuelle personenbezogene Leistungen von den Landschaftsverbänden sichergestellt.

B.2.5 Pflegeleistungen

1. In Werkstätten für behinderte Menschen nach Ziffer B.2.2. und bei Anderen Leistungsanbietern nach Ziffer B.2.3. werden die in der Anwesenheitszeit benötigten Pflegeleistungen grundsätzlich bedarfsgerecht ausgeführt.

2. Die Grundpflege ist Teil der Leistung des Leistungserbringers. Die Leistungen werden einschließlich der notwendigen pflegerischen Prophylaxen und der notwendigen Beratung, auf Grundlage eines anerkannten Pflegemodells, unter ständiger Verantwortung einer Pflegefachkraft, gemäß dem allgemein anerkannten Stand der medizinisch-pflegerischen Erkenntnisse, insbesondere unter Berücksichtigung der Expertenstandards Pflege im Rahmen eines geplanten Pflegeprozesses erbracht.

3. Die Behandlungspflege ist Teil der Leistungen des Leistungserbringers, sofern es für die Erbringung der im individuellen Einzelfall notwendigen Maßnahmen der Behandlungspflege keiner Pflegefachkraft bedarf.

4. Im Rahmen des internen Qualitätsmanagements wird sichergestellt, dass diese Leistungen unter ständiger Verantwortung einer Pflegefachkraft, entsprechend der ärztlichen Verordnung, gemäß dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer und medizinisch-epidemiologischer Erkenntnisse auf Grundlage eines anerkannten Pflegemodells von hierfür qualifiziertem Personal erfolgen. Die Ausführung von Maßnahmen und Leistungen der Behandlungspflege für deren Erbringung es einer Pflegefachkraft bedarf, ist nur dann Teil der Leistungen des Leistungserbringers, wenn nicht ein Anspruch i.S.v. Paragraph 37 SGB V bei besonders hohem Pflegebedarf gegen die gesetzliche Krankenversicherung besteht.

B.3 Teilhabe an Bildung

1. Zur Teilhabe an Bildung werden nach § 75 SGB IX unterstützende Leistungen erbracht, die erforderlich sind, damit Menschen mit Behinderungen Bildungsangebote gleichberechtigt wahrnehmen können.

2. Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung über den „Allgemeinen Teil“ dieses Rahmenvertrages hinaus keine gesonderten Regelungen für dieses Leistungsfeld getroffen werden müssen. Dies bezieht sich insbesondere auf gesonderte Rahmenleistungsvereinbarungen gemäß Anlage A.1 dieses Rahmenvertrages. Wenn Einvernehmen zwischen den Vertragsparteien besteht, dass entsprechende Regelungen notwendig sind, verpflichten sie sich, in der Gemeinsamen Kommission entsprechende Rahmenleistungsbeschreibungen zu vereinbaren.

3. Hiervon ausgenommen sind die Hilfen zur Teilhabe an Bildung für Kinder und Jugendliche gemäß § 112 Abs. 1, Satz 1, die in Ziffer B.1.5 geregelt sind. Hierfür sind bis zur Beendigung der Schulausbildung an einer allgemeinen Schule oder einer Förderschule die Kreise und kreisfreien Städte als Träger der Eingliederungshilfe gemäß § 1 Abs. 2 AG-SGB IX NRW zuständig.

4. Für Leistungserbringer, die entsprechende Angebote vorhalten bzw. vorhalten wollen, gelten bis dahin die gesetzlichen Regelungen nach § 123 Abs. 5 SGB IX.

B.4 Soziale Teilhabe

Teil B.4 geändert, erweitert und umstrukturiert durch Beschluss der Gemeinsamen Kommission am 15.12.2021

(Erweiterung des Leistungskatalogs um die Einfache Assistenz).

B.4.1 Grundsätze

1. Nach Ziffer 4.3 (Seite 4) des Positionspapiers der BAG FW und der BAGüS vom18.04.2018, ist bei der Gestaltung der Rahmenverträge auszuschließen, „dass bislang durch die Träger der Eingliederungshilfe finanzierte Leistungen ab dem 01.01. 2020 nicht mehr finanziert werden. Es ist nicht nur sicherzustellen, dass die Leistungsberechtigten durch das neue Recht nicht benachteiligt werden, es ist auch sicherzustellen, dass die ihnen erbrachten Leistungen finanziert werden. Die Rechte der Leistungsberechtigten dürfen durch die Umstellung auf das neue Vertragsrecht nicht gefährdet werden. Es hat nicht den Zweck, die Finanzierung bisheriger Leistungen entfallen zu lassen; ein Zweck ist die Transparenz des Leistungsgeschehens.“ Das neue Recht sieht eine Entkoppelung der Leistungen der Existenzsicherung und der Fachleistungen der Eingliederungshilfe vor. Der leistungsberechtigten Person stehen zukünftig mindestens persönliche Mittel i.H. der Regelbedarfsstufe 2 der Leistungen der Existenzsicherung nach dem 3. und 4. Kapitel des SGB XII für den Lebensunterhalt zur Verfügung. Soweit Leistungserbringer für die Leistungsberechtigten in Gemeinschaftswohnformen Warenlieferungen zum Lebensunterhalt anbieten, setzen sie sich insbesondere zu Qualität, Menge und Preis ins Benehmen mit den jeweiligen legitimierten Beiräten und ggf. ihrem Beratungsgremium nach dem Wohn-und Teilhabegesetz NRW (WTG-NRW). Die Mitwirkung und Mitbestimmung dieser Gremien richtet sich nach den Bestimmungen des WTG-NRW.

2. Leistungen der Sozialen Teilhabe sind im 2. Teil des SGB IX im 6. Kapitel (§§ 113 ff SGB IX) festgelegt.

Rahmenleistungsbeschreibungen zur Leistungserbringung im sozialrechtlichen Dreieck werden für folgende Leistungen vereinbart:

  • 1. Assistenzleistungen (§ 113 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 78 SGB IX)
    • Qualifizierte Assistenz
    • Qualifizierte Elternassistenz
    • Unterstützende Assistenz
    • Einfache Assistenz
  • 2. Fachmodul Wohnen (in Verbindung mit Assistenzleistungen nach 1.)
  • 3. Leistungen zur Betreuung Volljähriger in einer Pflegefamilie (Fachmodul Pflegefamilien, § 113 Absatz 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 80 SGB IX)
  • 4. Leistungen zum Erwerb und zum Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten (Fachmodul Tagesstruktur und Schulungen, § 113 Absatz 1 Nr. 5 in Verbindung mit § 81 SGB IX)
  • 5. Leistungen zur Mobilität (§ 113 Absatz 1 Nr. 7 in Verbindung mit § 83 Absatz 1 Nr. 1 Leistungen zur Beförderung durch einen Beförderungsdienst)
  • 6. Organisationsmodul

3. Die Leistungen zur Sozialen Teilhabe werden erbracht, um eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern und Leistungsberechtigte zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenständigen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie in ihrem Sozialraum zu befähigen oder sie hierbei zu unterstützen. Die Ziele der Leistung sind insbesondere in den §§ 1, 4 Abs.1, 90, 113 SGB IX benannt.

4. Grundlage für alle Leistungen der Soziale Teilhabe für Erwachsene (§ 113 SGB IX i.V.m. § 76 SGB IX), die im sozialrechtlichen Dreieck erbracht werden, ist das „Leistungssystem für die Leistungen der Sozialen Teilhabe für Volljährige“(Anlage H). Das Leistungssystem sichert eine personenzentrierte Leistungserbringung ebenso wie kontextbezogene Unterstützungsstandards, die unabhängig von der konkreten Inanspruchnahme jeder leistungsberechtigten Person im jeweiligen Einzugsbereich zur Verfügung stehen. Die Zusammenstellung aus verschiedenen Komponenten ermöglicht zudem eine modularisiert aufgebaute Gesamtvergütung, die der Menge und Qualität nach personenzentriert flexibel, z. B. durch die Menge von zeitbasierten Assistenzleistungen, variiert werden kann und die örtlichen Gegebenheiten sowie fachkonzeptionellen Anforderungen an die Leistungen aufnimmt. Leistungsberechtigte können unabhängig von der Wohnform Assistenzleistungen in Anspruch nehmen. Für die Leistungen der Einfachen Assistenz gilt dies unter Beachtung der in der Rahmenleistungsbeschreibung „Einfache Assistenz“ vereinbarten Einschränkungen zur Zielgruppe und Inanspruchnahme unter Berücksichtigung der Möglichkeit, diese auf Basis des offenen Leistungskatalogs der Sozialen Teilhabe in begründeten Einzelfällen auch bei anderen Zielgruppen einzusetzen. Ergänzt werden diese Leistungen durch ein Organisationsmodul und im Bedarfsfall durch das Fachmodul Wohnen.

5. Die Fachmodule und das Organisationsmodul beinhalten Leistungen, die einen Unterstützungsstandard gewährleisten, auf den alle Leistungsberechtige, für die die Leistung vereinbart ist, Zugriff haben. Sie sind nicht den Leistungsberechtigten individuell zuzuordnen.

6. Leistungen der häuslichen Behandlungspflege nach § 37 SGB V sind nicht Teil der vereinbarten Leistung, soweit es sich nicht um einfachste Maßnahmen der Behandlungspflege handelt (Anlage G).

7. Wenn der Bedarf einzelner leistungsberechtigter Personen nicht sichergestellt werden kann und bevor der Leistungserbringer eine Kündigung gegenüber der leistungsberechtigten Person ausspricht, ist er bei Einverständnis der leistungsberechtigten Person verpflichtet, den für die Standortregion zuständigen Landschaftsverband unverzüglich zu informieren. Zur Klärung der Sachlage nimmt der Träger der Eingliederungshilfe unverzüglich Kontakt zum Leistungserbringer und zur leistungsberechtigten Person auf. Der Leistungserbringer und der zuständige Träger der Eingliederungshilfe unterstützen die leistungsberechtigte Person oder ihren gesetzlichen Vertreter bei der Suche nach einem seinen Bedarf deckenden Unterstützungsangebot.

8. Eine Verletzung der Verpflichtungen zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung im Sinne des 8. Kapitels Teil 2 SGB IX wird unwiderlegbar vermutet

  • 1. bei einem planmäßigen und zielgerichteten Verstoß des Leistungserbringers gegen seine Verpflichtung zur Einhaltung der vereinbarten Personalausstattung oder
  • 2. bei nicht nur vorübergehenden Unterschreitungen der vereinbarten Personalausstattung.

Entsprechendes gilt bei Nichtanwendung des für die Vergütungsvereinbarung zugrunde gelegten Tarifwerkes.

Die Meldung der nicht nur vorübergehenden Unterschreitung der vereinbarten Personalausstattung erfolgt durch den Leistungserbringer über die Meldung eines besonderen Vorkommnisses.

9. Die Rahmenleistungsbeschreibungen für heilpädagogische Leistungen (§ 113 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 79 SGB IX) und die Leistungen zur Betreuung von Kindern und Jugendlichen in einer Pflegefamilie (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 80 SGB IX) enthält die Anlage A.2 „Leistungen für Kinder und Jugendliche“.

B.4.2 Qualifizierte Assistenz (§ 113 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX i.V.m. § 78 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX)

1. Die Qualifizierte Assistenz ist eine Leistung, die die Befähigung zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenständigen Alltagsbewältigung insbesondere durch Anleitungen und Übungen zum Ziel hat. Das Nähere regelt die Rahmenleistungsbeschreibung (Anlage A.5.2).

2. Die Bewilligung und Finanzierung der Qualifizierten Assistenz erfolgt zeitbasiert. Die Vergütung erfolgt grundsätzlich nach landeseinheitlich vereinbarten Stundensätzen. Hierbei erfolgt eine Differenzierung nach Tarifwerken bzw. kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen. Das Recht auf Einzelverhandlungen für jeden Leistungserbringer und jeden Träger der Eingliederungshilfe bleibt unberührt.

3. Die Leistungen können auf Wunsch der leistungsberechtigten Personen an mehrere Leistungsberechtigte gemeinsam erbracht werden (§ 116 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX).

B.4.3 Leistungen an Mütter und Väter mit Behinderung bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder (Elternassistenz) (§ 113 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX i.V.m. § 78 Abs. 3 SGB IX)

1. Leistungen zur Elternassistenz dienen der Unterstützung von Eltern mit Behinderung zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenständigen Alltagsbewältigung bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder.

2. Die Qualifizierte Elternassistenz beinhaltet die pädagogische Anleitung, Beratung und Befähigung zur Wahrnehmung der Elternrolle unter Berücksichtigung des Familienkontextes. Das Nähere regelt die Rahmenleistungsbeschreibung (Anlage A.5.5).

3. Leistungen, die die vollständige oder teilweise Übernahme von Handlungen zur Alltagsbewältigung sowie die Begleitung der Leistungsberechtigten zum Ziel haben, werden als Unterstützende Assistenz erbracht. Das Nähere regelt die Rahmenleistungsbeschreibung „Unterstützende Assistenz“ (Anlage A.5.1).

B.4.4 Unterstützende Assistenz (§ 113 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX i.V.m. § 78 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX)

1. Die Unterstützende Assistenz ist eine Leistung, die die vollständige und teilweise Übernahme von Handlungen zur Alltagsbewältigung sowie die Begleitung der Leistungsberechtigten zum Ziel hat. Die Unterstützende Assistenz umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen Assistenzleistungen mit pflegerischem Charakter. Das Nähere regelt die Rahmenleistungsbeschreibung (Anlage A.5.1).

2. Die Bewilligung und Finanzierung der Unterstützenden Assistenz erfolgt zeitbasiert. Die Vergütung erfolgt grundsätzlich nach landeseinheitlich vereinbarten Stundensätzen. Hierbei erfolgt eine Differenzierung nach Tarifwerken bzw. kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen. Das Recht auf Einzelverhandlungen für jeden Leistungserbringer und jeden Träger der Eingliederungshilfe bleibt unberührt.

3. Die Leistungen können an mehrere Leistungsberechtigte gemeinsam erbracht werden (§ 116 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX).

4. In Räumlichkeiten im Sinne des § 43a SGB XI i. V. m. § 71 Absatz 4 SGB XI umfassen die Leistungen der Unterstützenden Assistenz auch die Assistenzleistungen mit pflegerischem Charakter. Außerhalb der Räumlichkeiten im Sinne des § 43a SGB XI i. V. m. § 71 Absatz 4 SGB XI kann der Leistungserbringer auf Wunsch der leistungsberechtigten Person ggf. notwendige Leistungen, die den Leistungen der häuslichen Pflege nach den §§ 64a bis 64f, 64i und 66 SGB XII zuzurechnen sind und nicht von der Pflege- oder Krankenkasse finanziert werden, als Leistungen der Unterstützenden Assistenz erbringen. Insoweit gilt eine Leistungsvereinbarung für Leistungen der Unterstützenden Assistenz mit pflegerischem Charakter für alle Leistungen nach § 103 Abs. 1 und 2 SGB IX.

B.4.5 Einfache Assistenz (§ 113 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX i.V.m. § 78 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX)

1. Die Einfache Assistenz ist eine Leistung
a) zur Deckung eines kompensatorischen Unterstützungsbedarfs in der Verantwortung und Leitung der leistungsberechtigten Person oder
b) zur Deckung eines Bedarfs an Unterstützung des familiären Umfelds in der Verantwortung und Leitung der leistungsberechtigten Person oder ihrer rechtlichen Vertretung. Das Nähere zur Leistung und Abgrenzung zur Unterstützenden Assistenz regelt die Rahmenleistungsbeschreibung (Anlage A.5.8).

2. Die Bewilligung und Finanzierung der Einfachen Assistenz erfolgt zeitbasiert. Die Vergütung erfolgt grundsätzlich nach landeseinheitlich vereinbarten Stundensätzen. Hierbei erfolgt eine Differenzierung nach Tarifwerken bzw. kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen. Das Recht auf Einzelverhandlungen für jeden Leistungserbringer und jeden Träger der Eingliederungshilfe bleibt unberührt.

3. Die Leistungen können an mehrere Leistungsberechtigte gemeinsam erbracht werden (§ 116 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX).

B.4.6 Fachmodul Wohnen (§ 113 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX i.V.m. § 78 Abs. 2, 3, 6 SGB IX und § 116 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX)

1. Das Fachmodul Wohnen sichert den kontextbezogenen Unterstützungsstandard, den jeweils alle Leistungsberechtigten nutzen können. Das Fachmodul Wohnen kann, je nach Kontext, verschiedene Leistungselemente enthalten. Dies sind insbesondere

  • Leistungen zur Erreichbarkeit (§ 78 Abs. 6 SGB IX), z.B. Rufbereitschaft;
  • Präsenzleistungen bei Tag und bei Nacht;
  • gemeinsame Assistenzleistungen (insbesondere zur Lebensweltgestaltung und Gemeinschaftsförderung) im gemeinschaftlichen Wohnen;
  • Leistungen zur hauswirtschaftlichen und haustechnischen Unterstützung (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX), insbesondere Nahrungszubereitung, Wäschepflege und Reinigungsarbeiten im gemeinschaftlichen Wohnen;
  • personenunabhängige Sozialraumarbeit;
  • zur Erfüllung gesetzlicher Anforderungen notwendige zusätzliche personelle Ausstattung (quantitativ und qualitativ), z.B. nach dem Wohn und Teilhabegesetz;
  • besondere, zielgruppenspezifische Konzepte (z.B. geschlossene Intensivgruppen), die auf der Basis eines zwischen Leistungserbringer und Träger der Eingliederungshilfe abgestimmten Fachkonzeptes notwendige zusätzliche Leistungen und oder Ressourcen gesondert vereinbart wurden;
  • die Berücksichtigung des notwendigen Aufwands für eine beratende Pflegefachkraft bei der Leistungserbringung von Assistenzleistungen mit pflegerischem Charakter.

Es werden nur die kontextbezogen notwendigen Leistungen erbracht, die zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer vereinbart wurden.

Die Leistungen werden in der Regel an mehrere Leistungsberechtigte gemeinsam erbracht.

Das Nähere regelt die Rahmenleistungsbeschreibung (Anlage A.5.3).

2. Für alle Leistungsberechtigten, die das Fachmodul Wohnen nutzen können, wird gemäß § 125 SGB IX eine tagesgleiche Pauschale zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem jeweiligen Leistungserbringer vereinbart. Diese richtet sich nach den landeseinheitlichen Kalkulationsgrundlagen, die in der Anlage B vereinbart sind.

B.4.7 Organisationsmodul

1. Wenn in den Rahmenleistungsbeschreibungen bei den Leistungen der Sozialen Teilhabe für Erwachsene nach §§ 78, 80, 81, 83 SGB IX nichts Abweichendes festgelegt ist, deckt das Organisationsmodul als Pauschale die notwendigen Aufwendungen des Leistungserbringers für die Organisation der Leistungen ab und ergänzt damit die Vergütungen der Leistungen der Sozialen Teilhabe.

2. Das Organisationsmodul ist Bestandteil der Vereinbarung nach § 125 SGB IX, wenn eine Vereinbarung für die unter Absatz 1 genannten Leistungen zur Sozialen Teilhabe zwischen Leistungserbringer und Träger der Eingliederungshilfe besteht.

3. Das Organisationsmodul umfasst kontextbezogen folgende Aufwendungen:

  • Personalaufwand für Leitung und allgemeine Verwaltung im Sinne von Teil A.4.6.1, sofern er der Fachleistung zuzuordnen ist
  • Sachaufwand für Leitung, Verwaltung sowie Betreuungspersonal und Betreuungsaufwand
  • Investitionsbeträge für die Fachleistungsfläche und betriebsnotwendige Anlagen (inklusive Ausstattung), sofern sie den Fachleistungen zuzuordnen sind und als betriebsnotwendig vereinbart sind
  • Betriebsnebenkosten für die Fachleistungsfläche
  • (optional) einzugsbereichsbezogener Fahrtaufwand (Arbeitszeit und Mobilitätssachaufwand)

Es werden nur die notwendigen Leistungen erbracht, die zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer vereinbart werden. Soweit das Leistungsangebot des Leistungserbringers unter das WTG oder andere gesetzliche Vorschriften fällt, gehören dazu die sächlichen und investiven Aufwendungen, die zur Erfüllung gesetzlicher Anforderungen notwendig sind.

Im Organisationsmodul werden auch die Personal- und Sachkosten für gesetzlich vorgeschriebene Beauftragte einschließlich der Kosten für deren vollständige oder teilweise Freistellung (z.B. Betriebsräte, Mitarbeitervertretung, Schwerbehindertenvertretung, Gleichstellungsbeauftragte, Hygienebeauftragte, Arbeitsschutz) vereinbart.

4. Für das notwendig vorzuhaltende Personal für Leitung und Verwaltung werden landeseinheitliche Personalschlüssel vereinbart. Näheres regelt die Rahmenleistungsbeschreibung (Anlage 5.4).

5. Sachaufwand ist der gesamte zur Erbringung der vereinbarten Fachleistung notwendige sächliche Aufwand.

6. Der Sachaufwand für Leitung, Verwaltung und für das Betreuungspersonal sowie der Betreuungsaufwand wird als prozentualer Aufschlag auf die Bruttopersonalkosten vergütet. Näheres regelt die Rahmenleistungsbeschreibung.

7. Grundlage für die Ermittlung des Investitionsbetrages sind die Aufwendungen, die dazu bestimmt sind, die für den Betrieb notwendigen, abgestimmten

  • Gebäude oder sonstigen abschreibungsfähigen Anlagegüter herzustellen, anzuschaffen, wiederzubeschaffen, zu ergänzen, instandzuhalten oder instandzusetzen;
  • Aufwendungen für Miete, Pacht, Nutzung oder Mitbenutzung von betriebsnotwendigen Gebäuden oder sonstigen abschreibungsfähigen Anlagegütern.

Näheres regelt die Rahmenleistungsbeschreibung

8. Eine Neuberechnung des Investitionsbetrages aufgrund von Investitionsmaßnahmen kommt nur in Betracht, wenn die Maßnahme vorher mit dem zuständigen Träger der Eingliederungshilfe dem Grunde und der Höhe nach vereinbart worden ist. Öffentliche Zuschüsse sind bei der Vereinbarung der Vergütung anzurechnen.

9. Näheres zur Ermittlung des Investitionsbetrages ist durch ein Kalkulationsmuster geregelt (Anlagen B.4 und B.5).

10. Das Organisationsmodul wird als tagesgleiche Pauschale für jede leistungsberechtigte Person vergütet.

B.4.8 Besonderheiten der Kurzeitbetreuung Volljähriger

1. In besonderen Wohnformen können auch Leistungen für das kurzzeitige Wohnen von Volljährigen erbracht werden. Die Leistungserbringung setzt eine Vereinbarung dieser Leistung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer voraus.

2. Kurzzeitbetreuung kann aus verschiedenen Gründen erfolgen, insbesondere

  • zur Entlastung des häuslichen Umfelds,
  • zur Vorbereitung leistungsberechtigter Personen auf die Ablösung vom Elternhaus,
  • zur Befähigung leistungsberechtigter Personen zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenständigen Lebensführung,
  • zur Abwendung einer Krise bei Verlust der häuslichen Betreuung,
  • zur Abwendung einer krisenhaften Betreuungsentwicklung in der eigenen Wohnung durch kurzfristige Unterstützung in einer besonderen Wohnform.

Das Ziel der Kurzzeitbetreuung kann durch die Belegung eines Krisenplatzes oder Kurzzeitwohnplatzes erreicht werden.

3. Die Leistungszusage gegenüber der leistungsberechtigten Person erfolgt zeitlich begrenzt.

4. Die Leistung umfasst die notwendigen Leistungen der Assistenz, inklusive von Assistenzleistungen mit pflegerischem Charakter, sowie die Leistungen nach dem Fachmodul Wohnen und dem Organisationsmodul. Die üblichen Versorgungskosten werden in diesen Fällen für einen Zeitraum von maximal 42 aufeinanderfolgenden Tagen als Fachleistung gewährt.
In Fällen, in denen eine leistungsberechtigte Person Leistungen der sogenannten „Kurzzeitbetreuung“ beantragt hat und in denen eine Entscheidung des Trägers der Eingliederungshilfe über diesen Antrag nicht abgewartet werden kann, ohne dass für die leistungsberechtigte Person in der Zwischenzeit schwere und unzumutbare Beeinträchtigungen entstehen, hat der Leistungserbringer gegen den Träger der Eingliederungshilfe im Falle der späteren Bewilligung der Leistungen durch den Träger der Eingliederungshilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber der leistungsberechtigten Person erbrachten Leistungen der Eingliederungshilfe nach Maßgabe der Bewilligung und ab dem Zeitpunkt der Aufnahme der leistungsberechtigten Person in das Leistungsangebot des Leistungserbringers.

5. Der Leistungserbringer hält hierzu alle notwendigen Räumlichkeiten, auch die Wohn- und Gemeinschaftsflächen, als Fachleistungsflächen vor.

Bei eingestreuten Plätzen werden die Kosten für die Wohnraumüberlassung in Höhe der angemessenen, tatsächlichen Aufwendungen nach § 42a Abs. 5 und 6 SGB XII als Fachleistung übernommen. Bei solitären Wohnangeboten und extra ausgewiesenen Zimmern sind die entsprechenden Aufwendungen im Investitionsbetrag enthalten.

B.4.9 Leistungen zur Betreuung von Volljährigen in einer Pflegefamilie (Fachmodul Pflegefamilien für Volljährige) (§ 113 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 80 SGB IX)

1. Die Leistung zur Betreuung Volljähriger in einer Pflegefamilie wird erbracht, um Leistungsberechtigten auf eigenen Wunsch die Betreuung in einer anderen Familie als der Herkunftsfamilie durch eine geeignete Pflegeperson zu ermöglichen. Die leistungsberechtigte Person und die Pflegefamilie werden durch einen Leistungserbringer beraten und unterstützt. Das Nähere regelt die Rahmenleistungsbeschreibung (Anlage A.5.6)

2. Die Pflegeperson erhält vom Träger der Eingliederungshilfe eine monatliche Aufwandsentschädigung für die Betreuungsleistung.

3. Im Bereich des Landschaftsverbandes Rheinland werden die Betreuungsleistungen für die leistungsberechtigte Person zeitbasiert beschieden und erbracht. Die Leistungen für die Unterstützung der Pflegeperson und die weiteren Leistungen des Leistungserbringers werden mit einer Pauschale finanziert.

4. Im Bereich des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe wird eine Leistungspauschale je leistungsberechtigter Person kalkuliert, die sowohl die Betreuungsleistungen für die leistungsberechtigte Person als auch die Leistungen für die Unterstützung der Pflegeperson und die weiteren Leistungen des Leistungserbringers einschließt.

5. Die jeweilige Vergütung wird zwischen dem Leistungserbringer und dem Träger der Eingliederungshilfe vereinbart.

B.4.10 Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten (Fachmodul Tagesstruktur und Schulungen)

1. Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten sollen die Leistungsberechtigen befähigen, die individuelle Gestaltung des Tages möglichst selbstständig zu übernehmen und die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Sie dienen insbesondere dem Erwerb, der Förderung oder der Erhaltung der individuellen Fähigkeiten.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten sind

  • Leistungen zur Tagesstruktur im Zweiten Lebensraum und
  • zeitlich befristete Schulungen und Projekte.

Die Leistungen werden für mehrere Leistungsberechtigte gemeinsam erbracht (§ 116 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX).

Das Nähere regelt die Rahmenleistungsbeschreibung (Anlage A.5.7).

2. Für die Tagesstruktur, die von den Leistungsberechtigten in Anspruch genommen wird, wird gemäß § 125 SGB IX eine tagesgleiche Pauschale zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem jeweiligen Leistungserbringer vereinbart. Der Tagessatz wird nach zwei Nutzungsintensitäten differenziert und richtet sich nach den landeseinheitlichen Kalkulationsgrundlagen, die in der Anlage B geregelt sind.

Sofern der individuelle Bedarf im Rahmen der Ausstattung der Tagesstruktur nicht vollständig gedeckt werden kann, wird dieser Bedarf im Einzelfall durch zusätzliche individuelle Assistenzleistungen erbracht.

3. Für Schulungen und Projekte wird die vom Träger der Eingliederungshilfe anerkannte Kursgebühr übernommen.

B.4.11 Leistungen zur Mobilität (§ 113 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX i.V.m. § 83 Abs.1 Nr. 2 SGB IX)

1. Leistungen zur Mobilität im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis umfassen Leistungen zur Beförderung.

2. Beförderungsleistungen durch einen spezialisierten Beförderungsdienst richten sich an Leistungsberechtigte, denen die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und Schwere ihrer Behinderung nicht zumutbar ist.

3. Leistungsberechtigte, die während der Beförderung auf eine Unterstützung angewiesen sind, erhalten diese gesondert als Unterstützende oder Qualifizierte Assistenz.

4. Die vertraglichen Regelungen bezogen auf die Leistungen zur Mobilität durch die bislang örtlich zuständigen Träger der Eingliederungshilfe werden durch die ab 01.01.2020 zuständigen Träger der Eingliederungshilfe bis längstens zum 31.12.2023 fortgeführt. In dieser Zeit wird zwischen den Vertragsparteien eine Rahmenleistungsbeschreibung abgestimmt. Auf Antrag einer Vertragspartei kann die Gemeinsame Kommission den Zeitraum verlängern. Eine Umstellung der vertraglichen Regelung vor dem 31.12.2023 ist dann möglich, wenn eine Rahmenleistungsbeschreibung in der Gemeinsame Kommission vorher geeint ist.

5. Das Recht auf Einzelverhandlungen für jeden Leistungserbringer und jeden Träger der Eingliederungshilfe bleibt unberührt.

B.4.12 Leistungen im Krankenhaus (§ 113 Abs. 6 SGB IX)

1. Die Leistungen umfassen Leistungen zur Verständigung und zur Unterstützung im Umgang mit Belastungssituationen als nichtmedizinische Nebenleistungen zur stationären Krankenhausbehandlung. Im Gesamtplanverfahren wird festgestellt und anschließend im Gesamtplan dokumentiert, ob für den Fall einer stationären Krankenhausbehandlung die Assistenzleistung im Krankenhaus durch den Leistungserbringer zur Sicherstellung der Durchführung der Behandlung erforderlich ist.

2. Assistenzleistungen im Krankenhaus können in unterschiedlicher Form erfolgen: In aller Regel handelt es sich bei der Assistenzleistung im Krankenhaus um eine Qualifizierte Assistenz. Bei Leistungsberechtigten der besonderen Zielgruppe für die Einfache Assistenz werden die Assistenzleistungen im Krankenhaus durch die vertrauten Assistenzkräfte (Nichtfachkräfte) erbracht. Assistenz im Krankenhaus kann auch als Unterstützende Assistenz durch eine Nichtfachkraft erfolgen, wenn dies ausdrücklicher Wunsch der leistungsberechtigen Person ist. Dies gilt auch in dem Fall, dass zum erforderlichen Zeitpunkt keine der leistungsberechtigten Person vertraute Fachkraft beim Leistungserbringer verfügbar ist.

3. Für Leistungsberechtigte, bei denen aufgrund veränderter Umstände - entgegen der ursprünglichen Feststellung im Gesamtplanverfahren - ein Bedarf für Leistungen vorliegt, meldet der Leistungserbringer den geschätzten Bedarf innerhalb von drei Werktagen seit Kenntniserlangung vom Eintritt des Bedarfsfalles bzw. vom sicher bevorstehenden Eintritt des Bedarfsfalles beim Leistungsträger an.

B.4.13 Leistungen für Wohnraum (§ 113 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX i.V.m. § 77 SGB IX)

Die Unterstützung der leistungsberechtigten Person bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung von Wohnraum ist Teil der Assistenzleistungen, soweit es sich um Information, Beratung und Anleitung handelt.

B.4.14 Leistungen in besonderen Wohnformen

1. In besonderen Wohnformen im Sinne des § 42a Abs. 2 Nr. 2 und Satz 3 SGB XII werden Fachleistungsflächen als Teil der Fachleistung vorgehalten.

2. Zu den Fachleistungsflächen gehören insbesondere

  • leistungsbezogen genutzte Räumlichkeiten (z.B. Dienst- und Funktionsräume),
  • leistungsbezogen genutzte Verkehrsflächen und anteilige Mischflächen, die sowohl für Leistungen der Eingliederungshilfe als auch für Wohnzwecke erforderlich sind (z.B. Eingangsbereiche, Treppenhäuser und Flure, Vorratsräume/ Hauswirtschaftsräume, Energieversorgungsräume).

Es werden grundsätzlich nur die mit dem Träger der Eingliederungshilfe abgestimmten bzw. vereinbarten Fachleistungsflächen zzgl. der anteiligen Mischfläche anerkannt.

3. Nicht zu den Fachleistungsflächen nach Abs. 2 gehören die persönlichen Wohnräume und zusätzlichen Räumlichkeiten zur gemeinschaftlichen Nutzung.

4. Zur Fachleistung gehört auch die erforderliche Möblierung und Ausstattung der vorgenannten Räumlichkeiten und Flächen nach Abs. 2 einschließlich technischer Anlagen. Zusätzlich gehört die Möblierung und Ausstattung der Räumlichkeiten zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Fachleistung.

5. Die Zuordnung der Flächen zum Bereich der Existenzsicherung bzw. zur Fachleistung erfolgt nach dem vereinbarten Flächentool (Anlage B.3) Die im Rahmen der Umstellung zugeordneten Flächen können im Rahmen der endgültigen Überführung in das neue Leistungs- und Vergütungssystem durch den Träger der Eingliederungshilfe überprüft und ggf. einvernehmlich angepasst werden.

6. Die Kostenzuordnung hinsichtlich der Wohn- und Fachleistungsflächen (einschließlich der kalkulatorisch berücksichtigten Mischflächen) ist mit dem vereinbarten Berechnungs-Tool (Anlage U.6.3) zum 01.01.2020 vorgenommen. Sie kann zum Zeitpunkt der Umstellung auf die neue Leistungs- und Vergütungssystematik in dem Maße korrigiert werden, als einvernehmlich Fehlzuordnungen von Flächen festgestellt werden.

7. Übersteigen die tatsächlichen Aufwendungen der Kosten der Unterkunft für Wohnraum und anteilige Gemeinschaftsflächen (Warmmiete zzgl. der besonderen Nebenkosten) die Angemessenheitsgrenze nach § 42a Abs. 5 Satz 4 SGB XII um mehr als 25%, umfassen die Leistungen der Eingliederungshilfe auch diese Aufwendungen (sog. Existenzsichernde Leistungen II). Dabei werden die Grundsätze des § 123 Abs. 2 SGB IX berücksichtigt. Dabei orientiert sich der Träger der Eingliederungshilfe an dem Grundlagenpapier „Bedarfe für Unterkunft und Heizung in der besonderen Wohnform ab dem 01.01.2020 nach § 42a Abs. 5 und 6 SGB XII“ des BMAS. Voraussetzung ist eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer.

Die vereinbarten Kosten werden vom zuständigen Träger der Eingliederungshilfe übernommen, wenn eine schriftliche Vereinbarung zur entgeltlichen Überlassung von Wohnraum (nach dem WBVG) zwischen der leistungsberechtigten Person und dem Leistungserbringer besteht.

Zur Feststellung, ob die geltend gemachten Aufwendungen notwendig und angemessen sind, kann der Träger der Eingliederungshilfe die Höhe der Warmmiete als Ergebnis aller Aufwendungen und laufenden Kosten des Leistungserbringers prüfen.

B.4.15 Evaluationsklausel

1. Der rechtliche und finanzielle Rahmen erfährt zum 01.01.2020 für alle Beteiligten eine sehr grundlegende Umstellung. Es soll daher durch die Vertragsparteien gemeinsam bewertet werden, ob die Regelungen den Belangen der Leistungsberechtigten und denen der Vertragsparteien gerecht werden.

2. Basis für die Evaluation sind repräsentative Daten von Leistungsangeboten, die auf die neue Leistungssystematik umgestellt sind. Dabei sollen folgende Punkte besonders berücksichtigt werden:

  • Trennung der Fachleistungen von den existenzsichernden Leistungen
  • Auswirkungen der neuen Leistungs und Vergütungssystematik (z. B. Fachkraftquote, Angemessenheit vereinbarter Personal- und Sachkostenschlüssel, Nettojahresarbeitszeit) auf das qualitative und quantitative Leistungsgeschehen
  • erhöhter durch das BTHG verursachter Verwaltungsaufwand

3. Hierzu wird mit unabhängiger wissenschaftlicher Begleitung ein gemeinsames Evaluationsvorhaben der Vertragsparteien geplant und durchgeführt. Der Evaluationszeitraum beträgt mindestens ein Kalenderjahr. Die wissenschaftliche Begleitung soll die Erkenntnisse des nordrhein-westfälischen Verbund-Modellprojektes TexLL über zu erwartende bzw. eingetretene Veränderungen der finanziellen Situation der Leistungsberechtigten und der Leistungserbringer und der Kostenentwicklung bei den Trägern der Eingliederungshilfe berücksichtigen.

4. An der Evaluation werden die in der Gemeinsamen Kommission vertretenen Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen beteiligt.

5. Bei Bedarf sollen durch Beschlüsse der Gemeinsamen Kommission die erforderlichen Anpassungen des Rahmenvertrages vorgenommen werden.

6. Beim Fachmodul Pflegefamilien für Volljährige wird die nach Landesteilen unterschiedliche Leistungserbringung durch den jeweils zuständigen Träger der

Eingliederungshilfe hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile für die Leistungsberechtigten und die Pflegefamilien sowie die Leistungserbringer und Leistungsträger vom 01.07.2024 bis 30.06.2025 evaluiert und in einem gemeinsamen Ergebnisbericht bis zum 30.09.2025 zusammengefasst. Hierzu treffen die Vertragsparteien bis zum 01.04.2024 einvernehmlich die notwendigen Absprachen und Vorkehrungen. Gemeinsames Ziel ist es, ab 01.01.2026 zu einer landeseinheitlichen

Leistungserbringung auf der Grundlage einer weiterentwickelten Rahmenleistungsbeschreibung zu kommen. (Absatz 6 geändert durch Beschluss der Gem. Kommission am 27.09.2023.)

C Schlussbestimmungen

C. 1 Inkrafttreten

Dieser Rahmenvertrag tritt mit Wirkung zum 01.01.2020 in Kraft. Die Teile A.9 (Gemeinsame Kommission), C (Schlussbestimmungen) und die Anlage U (Umstellungsregelungen) treten mit der Unterzeichnung in Kraft.

Die bestehenden Rahmenverträge für den Bereich der Eingliederungshilfe gemäß

§ 79 SGB XII (ambulant und stationär) treten zum 31.12.2019 außer Kraft.

C. 2 Bindungswirkung/ Beitritt

Die Kreise und kreisfreien Städte als Träger der Eingliederungshilfe sowie weitere Vereinigungen von Leistungserbringern können ihren Beitritt zu diesem Rahmenvertrag schriftlich gegenüber der Geschäftsstelle der Gemeinsamen Kommission erklären.

C. 3 Evaluationsklausel

Mit Beginn des Jahres 2023 werden alle Bereiche des Rahmenvertrages durch die Gemeinsame Kommission überprüft. Dies geschieht vor dem Hintergrund der möglichen Veränderungen auf Bundesebene.

C. 4 Vertragsanpassung und Kündigung

1. Der Rahmenvertrag kann von jeder Vertragspartei mit einer Frist von 12 Monaten ganz oder teilweise gekündigt werden. Die Kündigung einer Vertragspartei berührt den Bestand des Rahmenvertrags für die übrigen Vertragsparteien nicht. Vor der Kündigung soll der Versuch einer einvernehmlichen Lösung durch die Gemeinsame Kommission unternommen werden.

2. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung sowie Anpassung des Rahmenvertrags nach den gesetzlichen Bestimmungen bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für den Fall, soweit Rechtsänderungen auf die Inhalte dieses Rahmenvertrags einwirken oder einvernehmliche Erkenntnisse aus der Evaluation des SGB IX nach Art. 25 BTHG Abs. 4 vorliegen.

3. Die Kündigung oder das Anpassungsverlangen ist gegenüber der Geschäftsstelle der Gemeinsamen Kommission schriftlich zu erklären und soll begründet werden. Die Geschäftsstelle hat alle Vertragsparteien unverzüglich hierüber zu unterrichten.

4. Für den Fall einer Kündigung verpflichten sich die Vertragsparteien, unverzüglich Verhandlungen über eine Neuregelung des Vertrags bzw. Neuregelungen der gekündigten Vertragsteile aufzunehmen. Die gekündigten vertraglichen Bestimmungen wirken über den Kündigungstermin hinaus für die Vertragsparteien, längstens jedoch für 12 Monate nach, soweit sie nicht durch neue vertragliche Bestimmungen ersetzt werden; einer erneuten Kündigung bedarf es insoweit nicht.

C. 5 Salvatorische Klausel

1. Nachträgliche Ergänzungen und/oder Änderungen des Rahmenvertrags bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für noch abzuschließende weitere Bestandteile des Rahmenvertrags sowie die Änderung oder Aufhebung dieses Formerfordernisses.

2. Soweit einzelne Bestimmungen dieses Rahmenvertrags oder zukünftige Bestandteile ganz oder teilweise gekündigt, unwirksam oder undurchführbar sind oder werden, berührt dies weder die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen des Rahmenvertrags noch die Wirksamkeit unter Bezugnahme hierauf geschlossener Vereinbarungen. Die Vertragsparteien verpflichten sich, eine unwirksame oder undurchführbare Bestimmung unverzüglich durch eine wirksame oder durchführbare Bestimmung zu ersetzen, die dem Sinn und Zweck der ursprünglichen Bestimmung möglichst nahe kommt. Satz 1 und 2 gelten für eine etwaige Regelungslücke entsprechend.